Sainte-Laguë/Schepers statt Hare-Niemeyer – in manchen Kommunen werden Gemeinderäte jetzt rätseln, was das bedeutet. Werden CSU oder SPD jetzt gegenüber kleinen Parteien wie FDP oder ÖDP bevorzugt – oder müssen sie im Gegenteil damit rechnen, dass sie durch die neue Auszählmethode ab der nächsten Kommunalwahl im Jahr 2020 den ein oder anderen Sitz einbüßen?
Weder noch, ergab eine Landtags-Anhörung verschiedener Wahlrechtsexperten im vergangenen Oktober. Auch die Annahme, dass es nur in großen Kommunen Änderungen ergibt, ist in dieser Pauschalität nicht richtig.
Erstes Beispiel: Die Kreistagswahl im Landkreis München im Jahr 2014: Hier hätten sich, wären nicht nach Hare-Niemeyer, sondern nach Sainte-Laguë/Schepers Sitze verteilt worden, leichte Änderungen ergeben. So hätte die SPD 17 statt 16 Sitze erhalten – zum Nachteil der FDP, die nur noch drei statt vier Mandate bekommen hätte.
Zweites Beispiel: Im Bezirkstag Niederbayern säßen – wäre nach Sainte-Laguë/Schepers verfahren worden – nicht neun, sondern zehn CSU-Vertreter. Die FDP, mit nur einem Vertreter im Bezirkstag, hätte ihren Sitz räumen müssen.
Drittes Beispiel: In der Stadt Stein bei Fürth müsste die CSU einen ihrer acht Sitze abgeben – zugunsten der kleineren SPD-Fraktion, die statt drei dann vier Sitze hätte.
Viertes Beispiel: die Bezirkstagswahl 2013 in der Oberpfalz. Das damals gültige Verfahren nach Hare-Niemeyer hatte ÖDP und Bayernpartei mit einem Sitzanspruch von lediglich 0,48 bzw. 0,38 je einen Sitz zugeteilt, während die SPD im Vergleich zur Bayernpartei zwar das Achtfache der Stimmen, aber nur das Dreifache an Sitzen erhalten hatte. Der Bayernpartei-Vertreter wurde demnach im Schnitt von 12 400 Bürgern gewählt, ein SPD-Bezirksrat von 35 000 Wählern. Nach Sainte-Laguë/Schepers müsste die Bayernpartei ihren Sitz an die SPD abgeben, was nach der Wahlarithmetik gerecht wäre. dirk walter