Pfarreien-Leitung ohne Pfarrer

Die Verantwortung hat ein Team

von Redaktion

Von Claudia Möllers

München – „Jetzt habe ich endlich mehr Zeit für ein Taufgespräch und muss nicht auf die Uhr schauen, weil der nächste Termin schon wartet.“ Pater Ryszard Basta freut sich, Teil eines Experiments zu sein. Feldkirchen-Höhenrain-Laus ist einer von drei Pfarrverbänden im Münchner Erzbistum, in denen seit Jahresbeginn neue Leitungsmodelle ohne Pfarrer ausprobiert werden sollen. Weil Priestermangel herrscht, weil Seelsorgseinheiten immer größer werden, weil Pfarrer mit Verwaltungsaufgaben überfrachtet werden. Zusammen mit den Pastoralreferenten Judith Seipel und Harald Petersen baut der Pater ein Leitungsteam auf, zu dem in Zukunft auch noch Ehrenamtliche gehören werden.

„Wir geben die Position des Pfarrers auf und verteilen die Leitungsaufgabe“, erläutert Robert Lappy, Leiter der Hauptabteilung Strategie- und Organisationsentwicklung im erzbischöflichen Ordinariat, das Projekt. Er begleitet es von München aus, auf drei Jahre ist es angelegt. Der Versuch gleicht einer Operation am offenen Herzen, denn noch ist das Leitungsteam nicht komplett. Nächster Schritt ist die Suche nach Ehrenamtlichen, die sich für Leitungsaufgaben eignen und vom Pfarrgemeinderat gewählt werden sollen. „Unsere Seelsorger sollen auf Entdeckungstour gehen und Menschen mit Charismen finden“, wünscht sich Weihbischof Wolfgang Bischof, der für die Seelsorgsregion Süd zuständig ist. Er hat am Konsultationsprozess der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken über die Zukunft der Kirche teilgenommen, mit dem Laien mehr Verantwortung übertragen werden soll. Hier hat der Weihbischof nicht nur die Kerngemeinde im Blick, sondern alle Katholiken, die im Bereich der Gemeinde leben. Ein „neues Denken“ soll einsetzen, bei dem auch Christen erwünscht sind, die nicht mehr den direkten Bezug zur Kirchengemeinde haben. Auch die, die kritisch auf die Kirche sehen. „Wir müssen den Blick weiten“, nennt das Weihbischof Bischof.

Die neue Leitungsform ist anspruchsvoll, macht Judith Seipel deutlich. Noch immer gibt es den Reflex bei Gemeindemitgliedern, dass doch einer das letzte O.K. geben müsse. Und das war doch schließlich immer der Pfarrer. Jetzt wird im Team entschieden, und für die Verwaltungsaufgaben gibt es eigens hauptamtliche Verwaltungsleiter.

Weihbischof Bernhard Haßlberger, zuständig für die Seelsorgsregion Nord, räumt erheblichen Gesprächsbedarf in den beteiligten Gemeinden ein. In seinem Bereich ist es der Pfarrverband Geisenhausen (Kreis Landshut). Aber sogar eine Gemeindeleitung nur durch Ehrenamtliche will er nicht ausschließen. „In Zukunft wird man sich das vorstellen können“, verweist er auf Basis-Gemeinden in Lateinamerika. Laut Kirchenrecht müsse der Bischof die Seelsorge in einer Pfarrgemeinde sicherstellen. Wenn das nicht mehr durch einen Priester geschehen kann, seien andere Möglichkeiten denkbar. Jetzt werden erst einmal die Pilotprojekte in Geisenhausen, Feldkirchen-Höhenrain-Laus und in Neuaubing-Westkreuz (München) entwickelt. Am Ende will man im Bistum verschiedene Leitungsmöglichkeiten zur Verfügung haben.

Dass neue Leitungsmodelle beleben, davon kann Pastoralreferent Petersen schon berichten: Eine „Bombenbeteiligung“ gab es bei der Pfarrgemeinderatswahl. Den Menschen sei klar geworden: „Wir können jetzt wirklich bei den Veränderungen mitreden.“

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