Einreiseverbot für Erntehelfer wird gelockert

Kurz vor der Spargelernte findet die Bundesregierung eine Lösung: Trotz Einreisesperren dürfen begrenzte Kontingente von Saisonarbeitern kommen – in einer Großaktion mit vielen Bedingungen.
Berlin – Angesichts drohender Engpässe in der Landwirtschaft sollen 80 000 ausländische Saisonkräfte unter strengen Auflagen nach Deutschland eingeflogen werden. Um beim Ernten und anderen dringenden Feldarbeiten zu helfen, können im April und Mai je 40 000 Menschen kommen. Ergänzend sollen aus dem Inland möglichst jeweils 10 000 Helfer gewonnen werden – etwa Arbeitslose, Studierende, Asylbewerber oder Kurzarbeiter wegen der Corona-Krise. Auf entsprechende Pläne verständigten sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) gestern. Darum war wegen kürzlich verhängter Einreiseverbote an den Grenzen gerungen worden.
Klöckner sprach von einer pragmatischen Lösung, die dem nötigen Infektionsschutz und der Erntesicherung Rechnung trage. Dies sei eine wichtige und gute Nachricht für die Bauern. „Denn die Ernte wartet nicht, auch Aussaaten kann man nicht verschieben.“ Seehofer sagte, die strengen Corona-Vorgaben träfen Bevölkerung und Wirtschaft hart, seien aber erforderlich, um die Infektionsketten zu unterbrechen. „Dabei ist es wichtig, Voraussetzungen zu schaffen, damit wir auch während der Pandemie Staat und Wirtschaft am Laufen halten.“
Um eine rasche Virus-Ausbreitung in Deutschland zu verhindern, hatte das Innenministerium weitgehende Einreisebeschränkungen für Saisonarbeiter verhängt. Davon waren vor allem Helfer aus Rumänien betroffen. Bis zum Einreisestopp am 25. März waren schon rund 20 000 Saisonarbeiter im Land – sie können nach bereits beschlossenen Änderungen im Arbeitsrecht auch länger hier bleiben. Doch der Bedarf ist höher. Daher wurden nun Ausnahmen von den Einreisebeschränkungen vereinbart und zahlreiche begleitende Bedingungen festgelegt.
Konkret sollen die Arbeiter in den beiden Kontingenten für April und Mai nur in Gruppen und per Flugzeug einreisen – das soll stundenlange Busfahrten quer durch Europa vermeiden. Die Erntehelfer sollen nach Rückmeldungen der Landwirte ausgewählt werden. Die Bundespolizei legt in Abstimmung mit den Bauernverbänden fest, an welchen deutschen Flughäfen sie landen. Dort sollen sie nicht einzeln weiterfahren, sondern werden durch den Betrieb abgeholt. Bei der Einreise folgt ein Gesundheits-Check, die Ergebnisse bekommt das örtliche Gesundheitsamt.
Menschen, die neu anreisen, müssen dann in den ersten 14 Tagen strikt getrennt von sonstigen Beschäftigten leben und arbeiten. Sie dürfen das Betriebsgelände nicht verlassen – die Regierung nennt dies eine „faktische Quarantäne bei gleichzeitiger Arbeitsmöglichkeit“. Es gilt eine zwingende Einteilung in Unterkunfts- und Arbeitsteams, sodass die Saisonkräfte in gleichen, möglichst kleinen Gruppen von fünf bis zehn, maximal 20 Personen arbeiten. Dabei sind auch Mindestabstände einzuhalten. Mit Ausnahme von Familien sollen Zimmer in Unterkünften nur mit halber Kapazität belegt werden können.
Besucher sind auf den Betriebsgeländen verboten. Wäsche und Geschirr müssen bei mindestens 60 Grad gereinigt werden. Gemeinschaftsräume wie Küchen dürfen von einzelnen Arbeitergruppen nie gleichzeitig genutzt werden. Die Einhaltung der Regeln soll von den zuständigen Arbeitsschutzbehörden und vom Zoll kontrolliert werden. Die Regeln gehen auf Leitlinien des Robert-Koch-Instituts zurück. Gibt es einen begründeten Verdacht auf Infizierung, ist der Arbeitnehmer umgehend zu isolieren, ein Arzt muss ihn und auch das ganze Team testen.
Der bayerische Bauernverband begrüßte die Lösung und versprach, die Betriebe würden die Vorgaben strikt einhalten. dpa