Regierung verbietet Bücher-Abholservice

von Redaktion

Nach dem Wirbel um die Söder-Polizei und dem (nun revidierten) Verbot der Parkbank-Benutzung gibt es die nächste Corona-Bürokratieposse. Die Regierung von Oberbayern verbietet Stadtbüchereien, einen Abholservice einzurichten – mit einer kuriosen Begründung.

VON DIRK WALTER

Fürstenfeldbruck – Die Stadtbücherei in der Aumühle in Fürstenfeldbruck hatte wie alle anderen Büchereien auch während der Corona-Krise zunächst geschlossen. Es dauerte etwas, bis sich das Büchereiteam berappelte und einen kontaktlosen Abholservice anbot: Leseratten konnten ihre Ausleihwünsche äußern – und die Bücher dann zu einer genau definierten Zeit vor der Bibliothek abholen. „Wir hatten eine große Resonanz, und es gab große Freude“, sagt Diplom-Bibliothekarin Stefanie Vielweber. Aber nur eine Woche lang – dann musste die Bücherei ihren Service letzten Freitag wieder einstellen.

Der Grund dafür war im schönsten Amtsdeutsch im E-Mail-Postfach der Bücherei eingetrudelt. Die Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen in München hatte sich bei der Regierung von Oberbayern erkundigt und eine Absage erhalten, die sie nach Fürstenfeldbruck weiterleitete: Das Anbieten eines Abholservices sei „nicht gestattet“, teilte die Bezirksregierung demnach mit. Denn „das Verlassen der Wohnung zum Zweck der Abholung der Bücher“ stelle „keine triftigen Grund i. S. d. § 5 Abs. 3 Bay IfSMV“ dar. Die BayIfSMV ist die Zweite Bayerische Infektionschutzmaßnahmenverordnung, deren Paragraf 5, Absatz 3, besagt, dass unter anderem Einkäufe in Supermärkten und Lebensmittelgeschäften erlaubt sind, die „Inanspruchnahme sonstiger Dienstleistungen“ hingegen nicht.

Die Regierung von Oberbayern bestätigt das auf Anfrage. Stadtbüchereien dienten der „Freizeitgestaltung“, erklärt Pressesprecherin Verena Gros, und „vornehmlich der Versorgung der Bevölkerung mit nicht-wissenschaftlichem Lesestoff“. Ausnahmen seien nicht zulässig. Nur wissenschaftliche Bibliotheken haben seit Montag geöffnet – zum Beispiel die Bayerische Staatsbibliothek, deren Betrieb als wissenschaftliche Einrichtung jetzt erlaubt ist. Die „Stabi“ hat ein strenges Hygiene- und Sicherheitskonzept erarbeitet und kann nun wieder eine Ausleihe nach Hause anbieten, wie Generaldirektor Klaus Ceynowa bei einem Rundgang mit Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) erklärte. Maximal 20 Nutzer gleichzeitig dürfen sich im Bereich der Ortsleihe und der Anmeldung aufhalten. Sie müssen einen Mund-Nasen-Schutz tragen.

Von den Bestimmungen der Regierung ließen sich indes auch andere Büchereien im Landkreis Fürstenfeldbruck abschrecken – in Gröbenzell und Germering zum Beispiel. Andere Büchereien hingegen ignorieren die Bestimmung einfach. So wirbt die Stadtbücherei Dachau auf ihrer Homepage mit genau jenem Abholservice, den Fürstenfeldbruck jetzt eingestellt hat. „Wir vereinbaren mit Ihnen einen verbindlichen Abholzeitpunkt, bei dem Sie die Medien kontaktlos in Empfang nehmen können“, heißt es in Dachau. Maximal fünf Medien sind erlaubt. Auch die kleine Gemeindebücherei in Hebertshausen (Kreis Dachau) geht einen innovativen Weg – sie nennt es „Medien-Bereitstellungsservice“. Hebertshausen liefert Bücher nach Hause. Das sei wohl rechtlich in Ordnung, kommentiert Bibliothekarin Stefanie Vielweber. „Man darf liefern, aber das schaffen wir nicht.“

Ganz keck ist die kleine Bücherei in Iffeldorf (bei Weilheim), die am Donnerstag wieder öffnen will. Sofern dem die strenge Bezirksregierung nicht einen Riegel vorschiebt. Man werde „den Gründen für die unterschiedliche Handhabung“ nachgehen und „sich unter Einbindung des zuständigen Ministeriums um einen einheitlichen Vollzug bemühen“, erklärte die Pressestelle.

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