UNSERE HEIMATSPITZE

Katzenmusik und Charivari

von Redaktion

VON BEZIRKSHEIMATPFLEGER NORBERT GÖTTLER

Frühlingsgefühle können ja alle möglichen und unmöglichen Ausdrucksformen finden, auch akustische. Wer jemals rollige Katzen vor seinem Schlafzimmerfenster hörte, weiß ein Lied davon zu singen. „Katzenmusik“ ist für uns Menschen (die Katzen haben da sicher eine andere Meinung) ein eindringliches, zunächst sinnloses Durcheinander von Tönen.  Bewusst schrill und sirenenmäßig eingesetzt, kann „Katzenmusik“ aber auch eine Ausdrucksform menschlichen Konflikts, genauer gesagt gesellschaftlicher Rüge und Ächtung sein. In der Überzeugung, die Moral gepachtet zu haben, stellten sich die Haberfeldtreiber über die staatlichen Organe und bedrohten Einzelpersonen mit Hetze, Brandschatzung, Gewalt – und mit „Katzenmusik“, also mit einem akustischen Shitstorm!  Das Ganze ist beileibe keine bayerische Erfindung, ähnliche Phänomene finden sich auf der ganzen Welt, in Spanien als „concerrada“, in Italien als „scamplana“ und in England als „rough music“ bekannt.  Mancherorts wurde freilich der Spieß umgedreht und „Katzenmusik“ (seit der Barockzeit in Bayern auch „Charivari“ genannt) als Mittel des politischen Aufstands angewandt. In Schwaben protestierten rechtlose Frauen mit einer dissonanten Lärmkulisse gegen ihre missliche Lage und im Revolutionsjahr 1848 zogen ganze Kapellen von „Katzenmusikanten“ durch die Straßen Münchens, Wiens und Berlins. Johann Nestroy bemerkte dazu: „Katzenmusik, diese erste Frühlingslerche der Freiheit, wirbelt in der Luft, bald soll die Saat in voller Blüte stehen!“ Es wundert nicht, dass am 27. Mai 1848 das Intonieren von „Katzenmusik“ bei Androhung von sechs Wochen Haft verboten wurde.  Den Stier bei den Hörnern, bzw. die Katze bei den Ohren, packte auch der Barockkomponist Domenico Scarlatti (1685-1757) mit seiner „Katzenfuge“! Dem Vernehmen nach besaß der Musiker eine Katze namens Pulcinella, die es liebte, über die Klaviertasten des Meisters zu spazieren. Scarlatti habe die Tonfolge sofort notiert und als Motiv seiner Sonate in g-Moll verwendet. Scarlattis Sonate entwickelte sich zu einem beliebten Konzertstück, das auch von Franz Liszt und Ignaz Moscheles unter dem Titel „Katzenfuge“ interpretiert wurde.  „Katzenmusik“ – im besten Sinn des Wortes! Wäre nur noch zu fragen, was Pulcinella von dieser Musik gehalten hat!

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