München/Dachau/Prien – Ein Verband schießt aus vollen Rohren: „Uns bleibt im wahrsten Sinne des Wortes die Spucke weg, Herr Minister“, ätzt der Bayerische Schulleitungsverband gegen eine Umstellung bei den obligatorischen Corona-Tests an Grund- und Förderschulen. Seit diesem Schuljahr sollen die Selbsttests durch Pool-Tests abgelöst werden – möglichst schon seit gestern. Aber das schaffen nur die wenigsten Schulen. Der Verwaltungsaufwand dafür sei „immens“, ärgert sich Verbandschefin Cäcilia Mischko. Schulleitungen müssten sich jetzt „mit seriellen Testungen und digitalen Schnittstellen und Barcodes“ befassen. Zudem gebe es noch genügend Selbsttests. Warum also die Eile?
Pool-Tests sind sogenannte Lolli-Tests. Schulleiterin Andrea Noha von der Grundschule Dachau-Ost erklärt die Vorgehensweise: Das Kind lutscht je 30 Sekunden an zwei Wattestäbchen. Eines kommt mit allen anderen Stäbchen der Klasse in eine Klassentüte, das andere in ein Reagenzröhrchen. Immer um halb elf, so der Plan, holt der Malteser Hilfsdienst die Proben ab und fährt sie zum Labor. Dort werden die Proben mit einem PCR-Test ausgewertet.
Fällt der Test der Klassentüte positiv aus, dann werden die einzelnen Stäbchen („Rückstellprobe“) zur Gegenkontrolle ausgewertet – um herauszufinden, welches Kind infiziert ist. Das Ergebnis gibt es spätestens um 6 Uhr früh, so hat es das Kultusministerium zugesichert. Andrea Noha berichtet zwar auch über „erheblichen Verwaltungsaufwand“, findet aber: Wenn es dann mal anläuft (an ihrer Schule spätestens nächsten Montag), „ist es eine gute Sache“. Die Pool-Tests seien sicherer als die Schnelltests.
Auch an der Grundschule Dachau-Ost gibt es ein Mädchen, das sich nicht testen lassen will. Das Recht gibt es, das Kultusministerium hat jedoch in einem Schreiben an die Schule klargestellt, dass „kein Anspruch auf eine spezifische Ausgestaltung des Distanzunterrichts“ bestehe. Im Klartext: Es reicht, wenn die Schule Arbeitsblätter verschickt. Außerdem könnten schriftliche Leistungsnachweise (Proben, Exen, Schulaufgaben) nur in Präsenz abgelegt werden – Noten seien aber Voraussetzung für ein Vorrücken. Somit droht Schülern, wenn sie das Fernbleiben wirklich das volle Schuljahr über durchhalten, das Sitzenbleiben.
Das Kultusministerium kennt das Phänomen schon vom vergangenen Schuljahr. Damals verweigerten bayernweit rund 0,2 Prozent der Schüler rundum jede Art von Test und blieben bis Schuljahresende zuhause. 0,2 Prozent klingt wenig – in absoluten Zahlen waren das jedoch 3400 Schüler.
Die Situation ist je nach Schule unterschiedlich. „Es gibt Kinder, die externe Tests etwa vom Apotheker mitbringen, aber keine Verweigerer“, berichtet Schulleiterin Claudia Reiserer vom Gymnasium Miesbach. An der Realschule Prien am Chiemsee hat Schulleiterin Kerstin Haferkorn schon etliche Diskussionen mit den Eltern der Testverweigerer gehabt. Ein Elternpaar habe sich umentschieden. Aber aktuell kommen immer noch neun der 384 Realschüler nicht in den Unterricht, weil sie Tests oder Maskentragen verweigern. „Viele sind ja schon seit letztem Dezember daheim“, berichtet die Schulleiterin. Halten sie das bis Schuljahresende durch, können sie nicht vorrücken.