Landkreis plant Olympia-Gedenkstätte

von Redaktion

INTERVIEW Landrat Thomas Karmasin über den 50. Jahrestag des Attentats

Am 5. September 1972 gegen 22.30 trafen zwei Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes auf dem Fliegerhorst-Gelände ein. An Bord: neun israelische Geiseln und acht Terroristen. Zwei Stunden später waren bis auf drei Geiselnehmer, die überlebten und später freigepresst wurde, alle Helikopter-Insassen tot. Der Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck wird zum 50. Jahrestag des Olympia-Attentats Ort einer wahrscheinlich weltweit beachteten Gedenkveranstaltung sein. Der Landkreis plant aber auch langfristig eine Gedenkstätte. Dazu ein Interview mit Landrat Thomas Karmasin.

Was hat der Landkreis vor?

Für uns zentral ist die Gedenkveranstaltung am 5. September ab 15 Uhr mit anschließendem Staatsempfang des Ministerpräsidenten. Federführend für Organisation und auch Einladungen ist das bayerische Innenministerium.

Befürchten Sie einen Boykott der Angehörigen israelischer Opfer?

Das wäre natürlich nicht gut. Wir erwarten auch Angehörige der israelischen Opfer, auch wenn das wegen des neu entfachten Streits um Entschädigungszahlungen, der mich etwas überrascht hat, offen zu sein scheint. In der Vergangenheit hatte ich den Eindruck, dass die Angehörigen offen sind für das Gespräch – sie waren ja auch zum 40. Jahrestag in Fürstenfeldbruck. Ankie Spitzer etwa, die Witwe des getöteten Fechters Andrei Spitzer, hat uns für unser lokales Engagement gedankt.

Haben Sie auch Kontakt zu Angehörigen des getöteten deutschen Polizisten Anton Fliegerbauer?

Ja. Frau Niedermaier, so heißt die Witwe heute, kommt regelmäßig zu unseren Gedenkveranstaltungen. Das Verhältnis zu ihr ist unkompliziert, sie ist eine sehr nette und bescheidene Person.

Wird auch der Bundespräsident kommen?

Davon ist die Rede. Ich selbst würde den Besuch sehr begrüßen. Das ist zum 50. Jahrestag auch angemessen.

Warum gibt auf dem Fliegerhorst kein Museum?

Was sollte man dort ausstellen? Die ausgebrannten Hubschrauber etwa gibt es meines Wissens gar nicht mehr, sie wurden irgendwann verschrottet. Und eine Polizeiuniform von damals oder etwa eine Kalaschnikow, das wäre wohl nicht das Richtige. Das heißt aber nicht, dass wir untätig waren.

Sondern?

Wir planen eine Gedenkstätte auf dem Fliegerhorstgelände, im Vorfeld des Towers, sobald die Bundeswehr endgültig abgezogen ist. Sie soll für jedermann zugänglich sein.

Wann wird das sein?

Nach jetziger Planung wohl Ende 2026. Wir werden den Tower als Ort des blutigen Endes der Geiselnahme kenntlich machen, eine Erinnerungstafel mit den Namen der Opfer ist schon jetzt dort. Am Tower gibt es, schwer zu sehen, auch noch Einschusslöcher. Es ist nicht ganz unkompliziert, den Tower begehbar zu machen, da dort noch IT-Einrichtungen der Bundeswehr installiert sind. Aber das kann man ändern. Wir werden, vielleicht mit Stelen, auch die Orte auf dem ehemaligen Flugvorfeld kenntlich machen, auf denen damals die beiden BGS-Hubschrauber standen.

Das liegt in der Zukunft. Was ist jetzt geplant?

Wir haben eine virtuelle Gedenkstätte eingerichtet. Dieser digitale Erinnerungsort wird seit 2019 vorbereitet. Der Ort des Geschehens wird auf der Website, die bis zum 5. September fertig gestellt sein soll, zunächst digital zugänglich gemacht durch Bilder und Informationen zum Attentat selbst, zu dessen Folgen, auch zu der Erinnerungsarbeit des Landkreises. Eine Unterseite gehört dem Gedenken. Eine speziell dafür entwickelte App kann später für Führungen vor Ort verwendet werden. Diese App ist von Anfang an so ausgelegt, dass sie nicht nur vor Ort, sondern auch im sogenannten Zuhause-Modus funktioniert. Auch Audio- und Videointerviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen werden in die Website und in die App integriert. Wir hoffen, auf diese Weise auch jüngere Menschen anzusprechen.

Das Interview führte Dirk Walter

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