München – Für den geplanten Gedenktag am 5. September ist das ein schlechtes Vorzeichen: Ankie Spitzer, Witwe des beim Olympia-Anschlag 1972 getöteten Fechters Andre Spitzer, hat ihre für heute geplante Teilnahme an einer Veranstaltung in München abgesagt. Geplant war, dass Spitzer, die die Opfer-Angehörigen vertritt, an der Ludwig-Maximilians-Universität zum Olympia-Anschlag sprechen sollte. Kurzfristig zog sie ihre Zusage wieder zurück. Hintergrund ist ein Streit um weitere Entschädigungszahlungen des Bundes an die Familien der Hinterbliebenen. „Das ist natürlich sehr schade, aber ich verstehe das“, sagte Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle (CSU), der Spitzer zusammen mit der LMU eingeladen hatte. Er kritisierte die Bundesregierung, die in der Entschädigungsfrage unbeweglich sei. Offenbar wolle man keinen Präzedenzfall schaffen und befürchte, dass weitere Geldzahlungen auch die Forderung nach neuen Reparationszahlungen für die Folgen des Zweiten Weltkriegs nach sich ziehen könnte. „Ich hoffe, dass die Entscheidung von Frau Spitzer als Menetekel verstanden wird und sich doch noch etwas bewegt.“
Tatsächlich gibt es erste Signale: Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz kritisierte gestern das Verhalten der Bundesrepublik gegenüber den Familien der Opfer als „unsensibel“ und „völlig unzureichend bis zum heutigen Tag“. Die Bundesregierung arbeite nun intensiv daran, dass weitere Entschädigungen an die Familien gezahlt werden könnten, sagte der stellvertretende Fraktionschef der Grünen im Bundestag der Mediengruppe Bayern. „Weiterhin müssen die gesamten Hintergründe des Anschlags lückenlos aufgeklärt werden. Eine Entschuldigung ist überfällig.“ Bislang stehe man mit den Angehörigen noch nicht in Kontakt, man werde diesen aber in den kommenden Tagen aufnehmen. dw/lby