Warum der Hofmann eigentlich ein Meyer ist

von Redaktion

NACHNAMEN-SERIE Forscher Oliver Ultsch über einen Namen, der in allen Variationen vorkommt

VON OLIVER ULTSCH*

Dieses Mal gehen wir einem Loch auf den Grund. Aber keine Angst! Wir müssen dafür weder eine Taschenlampe bereithalten, noch uns in irgendwelche ungemütlichen Tiefen begeben.

Der Meyer war ursprünglich der Verwalter eines Guts – daher steht bis dato die „Meierei“ für das beste Gebäude auf dem jeweiligen Gelände. Der Meyer stand zumeist beim Adel oder bei der Kirche in Lohn und Brot. Es war also nicht nur ein Beruf, sondern ein Titel, ein Amt, das ein Mann bekleidete. Später ist der Begriff etwas aufgeweicht: Der Pächter oder der einzige Bauer auf einem größeren Hof wurde mit der Zeit ebenfalls ein Meyer. Das erklärt auch, weshalb der Name immer häufiger vorkam.

Das Meyer-Loch, das auf der Verteilungskarte der verschiedenen Schreibweisen des Namens klar ersichtlich ist, bezeichnet ein geografisches Phänomen in der Namenskunde – und das ist in dieser Ausprägung nahezu einzigartig. In einem gar nicht so kleinen, eher ganz beachtlichen Gebiet in der Mitte Deutschlands hieß der Vorsteher eines Gutes nämlich Hofmann. Hier bildete sich zur Zeit der Entstehung von Familiennamen der Name Meyer also überhaupt nicht aus. Jahrhundertelang blieben die besagten Familien ortsgebunden. Erst seit etwa 1850 durch die Weiterentwicklung von Lokomotive, Automobil & Co. wohnen Meyer und Hofmänner heutzutage auch mal Tür an Tür.

Es lohnt sich aber sehr, noch einmal zu differenzieren – und den Meyer in all seinen Schreibvarianten zu betrachten. Den Meyer gibt es in der Mitte Bayerns, außerdem im Westen und im gesamten Norden Deutschlands. Die Meiers leben vorrangig am Oberrhein und zwischen Bremen und dem Ruhrgebiet. Die Maiers tauchen zumeist in der kompletten Südhälfte auf – unterhalb von Mannheim und Nürnberg. Beim Mayer verläuft jene virtuelle Linie von Aachen nach Passau. Und schließlich kommen wir zum Mayr – ein absolut lokales Phänomen, das sich extrem in Schwaben und Oberbayern ballt. Hier im Süden schlägt – neben der unterschiedlichen Auslegung bei der Schreibweise mit a oder e und i oder y der Wegfall des Buchstabens „e“ richtig durch.

Ursprung für alle Varianten des Namens ist maius. Aus dem Lateinischen übersetzt bedeutet das Wort „mehr, etwas Besseres“. Die weitere Steigerung kennen wir als schwedischen Vornamen Magnus, der „groß, höherstehend“ bedeutet.

Um alle Nachnamen mit der Endung -meyer/-maier und so weiter zu erklären, würde wohl eine ganze Zeitungsausgabe nicht ausreichen. Daher die auffälligsten: Der Angermaier und auch der Bachmaier haben ihren Schwerpunkt im Kreis Erding. Unter „Anger“ verstand man früher ein spezielles, gelegentlich eingegrenztes Gras- oder Ackerland. Das befand sich meist im Gemeindebesitz, war häufig zentral im Dorf gelegen und ragte wie eine Bucht in den Ortskern hinein.

Der Brandmeier und -maier kommt im Landkreis Freising häufig vor. Der Kreitmair im Landkreis Dachau. Beide Familiennamen stehen im Zusammenhang der Rodung eines Waldes – und darauf kommen wir im nächsten Teil zu sprechen. Der Sedlmaier war ja schon dran.

Beim Zehetmeier geht es nach Erding und Miesbach, beim Zehetmaier etwas östlicher nach Erding und Ebersberg. Und wieder sind die Schreibvarianten spannend: Die Mair-Endung taucht oft in Miesbach auf und die Mayr-Endung in Ebersberg. Natürlich alles unter dem Vorbehalt, dass die Grenzen fließend sind. Wie beim Meyer und Hofmann gilt: Auch ein Zehetmeier und ein Zehetmaier dürfen heute Tür an Tür wohnen. Aber so bekommt man zumindest einen Überblick, wo wohl der jeweilige Ursprung für die Schreibvarianten liegt.

Warum eigentlich Zehet? Der sogenannte „Zehnt“ war der Anteil, den der Bauer einst an den Grundherrn abgeben musste. Eine Steuer von zehn Prozent wären heutzutage ja echt paradiesisch! Ob man sich deshalb in eine Zeit ohne Strom und fließend Wasser, mit Kriegen und einem quasi nicht existenten Gesundheitssystem zurückwünschen sollte? Wohl eher nicht!

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