Garching – So fein wie am Strand von Kalifornien ist der Spatenstich-Sand nicht. Auch die Surfer Boys von San Francisco fehlen hier am Forschungscampus in Garching. Trotzdem predigt Ministerpräsident Söder einmal mehr den Vergleich: „Bayern ist das Kalifornien von Deutschland.“ Nicht nur die sommerlichen Temperaturen stehen beim Spatenstich am Mittwoch im Zeichen des Silicon Valley: Die renommierte Fraunhofer-Gesellschaft baut am Forschungscampus ein neues Institutsgebäude für Kognitive Systeme.
Dahinter steckt ein wichtiges Thema: die Sicherheit von Künstlicher Intelligenz. Mit dem Neubau zeigt Garching (Landkreis München) einmal mehr: Hier ist die globale Forschungselite versammelt. Nachdem Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Mittwoch den Sand im Profischwung nach vorne geschleudert hatte, lief eine weitere Meldung am Forschungscampus ein: Das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) in Garching wird europäischer Top-Standort für Quantencomputer. Das LRZ hatte sich bei einer europäischen Ausschreibung beworben und die Geldgeber überzeugen können; ein Meilenstein für Wissenschaftler in Bayern.
Um die Tragweite der Ankündigung zu verstehen, muss man wissen, welche Bedeutung Quantencomputer haben werden. Quantencomputer besitzen ein Vielfaches der Rechenleistung klassischer Computer. Sie sollen in Sekundenschnelle Probleme lösen, für die gewöhnliche Rechner viele Jahre brauchen. Eingesetzt werden sollen sie in unterschiedlichen Forschungsdisziplinen, beispielsweise in der Chemie oder bei der Überprüfung von Software.
Mit den Rechnern soll es möglich sein, knifflige Verschlüsselungen zu knacken, die bisher als absolut sicher gelten. „Mit Quantencomputing können wir bisher unlösbare Fragen beantworten“, teilte Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) mit. Bayern spiele jetzt „in der Champions League des Quantencomputing“.
Finanziert wird das Projekt auch von der Hightech Agenda des Freistaats, über 300 Millionen Euro investiert die Landesregierung in diese Technologie. Herzstück ist das „Munich Quantum Valley“, eine Initiative von verschiedenen Universitäten und Gesellschaften mit dem Ziel, ein wirtschaftsnahes Zentrum für Quantentechnologien einzurichten. Zentraler Standort dabei ist Garching.
Das Projekt erwartet hier eine außergewöhnliche Forschungsumgebung, der Campus der Münchner Universitäten ist auf eine beachtliche Größe gewachsen. Hier haben sich längst Max-Planck-Institute angesiedelt sowie einige Unternehmen. Der Software-Gigant SAP etwa baut derzeit ein neues Forschungslabor, Siemens errichtet ein Technologiezentrum.
Noch in den 1950er-Jahren war Garching ein armes Bauerndorf, bekannt für seine schlechten Böden. 1957 ging hier in unmittelbarer Nähe zur Isar der Forschungsreaktor München in Betrieb, der erste seiner Art in Deutschland. Die Errichtung des kleinen Atomkraftwerks mit seiner Ei-förmigen Kuppel hatte den Startschuss für den Zeitenwechsel in Garching eingeläutet: Forschung auf Spitzenniveau. Mittlerweile reihen sich hier Institut an Lehrstuhl an Fakultät. „Wir wissen nicht, wohin mit den Instituten“, sagte Söder am Mittwoch. Von diesem Forschungs-Hype profitieren auch Unternehmen außerhalb der akademischen Welt, etwa die Firma M+M Landschaft aus Freising. Sie hat den Sand für den Spatenstich vom Mittwoch geliefert – Freisinger Sand für das Kalifornien Deutschlands.