Schönau am Königssee – In einer der „schutzwürdigsten“ Gegenden Bayerns, im Königssee, soll dieser Tage eine kilometerlange Abwasserleitung von der Seelände bis zur Halbinsel St. Bartholomä verlegt werden. Die Baustelle ist eingerichtet und startklar. Zum Leidwesen der Naturschutzverbände. Diese klagen nun öffentlich über „rechtsfehlerhafte“ Genehmigungsunterlagen und legen Beschwerde beim Umweltministerium ein.
Dass solch ein Faux Pas gerade dem Umweltministerium nicht bewusst zu sein scheint, macht die Naturschutzvertreter wütend.
„Das Vorgehen ist eine Frechheit“, schimpft Ilse Englmaier, Gutachterin für Natur- und Artenschutzrecht, über die Verfahrensbeteiligung. Rita Poser, Vorsitzende des Kreisverbands des Bund Naturschutz Berchtesgadener Land, und Englmaier wollen eine weitere rechtliche Prüfung des Vorhabens nicht ausschließen. Im Fall der Fälle soll die zuständige Fachstelle der EU-Kommission über die Eingriffe in das FFH-Gebiet informiert werden. Die Befürchtung ist groß, dass bis dahin die Arbeiten bereits abgeschlossen sind.
Am 7. Oktober waren die Naturschutzverbände vom Vorhaben in Kenntnis gesetzt worden: Im Königssee war Ende vergangenen Jahres ein Leck in der Abwasserleitung auf 174 Metern Seetiefe festgestellt worden. Wie viel Schmutzwasser über welchen Zeitraum austrat, ist unbekannt. Fakt ist: Eine neue Leitung muss her, über zwei Millionen Euro teuer. Im Normalfall werden Naturschutzverbände am Verfahren rechtzeitig beteiligt, um eine Stellungnahme abzugeben. „Immerhin geht es hier um eine der sensibelsten und schutzwürdigsten Gegenden Deutschlands“, sagt Englmaier. Der Eingriff findet auf Gebieten des Nationalparks Berchtesgaden statt, in einem FFH- und EU-Vogelschutzgebiet sowie im Biosphärenreservat Berchtesgadener Land.
KILIAN PFEIFFER