München – Er kommt, wenn alles vorbei ist und ist doch der Höhepunkt des Premierenabends: Alfons Schuhbeck steht Donnerstagnacht in seiner weißen Kochjacke auf der runden Bühne des Spiegelzelts Teatro, mitten unter den Gästen und gegenüber den schussbereiten Fotografen. Er muss sich fühlen wie ein Bub, auf den im Schulhof alle mit dem Finger zeigen. Denn jeder weiß, dass er eine Woche zuvor zu über drei Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde. Trotzdem: Der 73-Jährige singt. Erst das fröhliche „Sweet Caroline“, dann die Elvis-Ballade „Can’t stop falling in Love“. Er singt, weil sein Publikum ihn hören will. Viele stehen auf, zücken ihre Handys, singen mit. Einige bleiben sitzen – zu komisch das Gefühl, einem verurteilten Steuerhinterzieher zuzujubeln.
Man sieht Schuhbeck deutlich die emotionalen Strapazen an. Seine Augen sind wässrig, das blonde Haar zerzaust. Da steht einer, dessen Lebenswerk in Trümmern liegt, wie die Richterin ihm auf den Kopf zusagte. „Meine letzten Wochen waren nicht so der Hit“, sagt er selbstironisch. Mehr Frotzeleien gibt’s nicht, er wirbt noch ein bisserl für die Show – und dafür, Gutscheine dafür zu verschenken.
„Das muss er nicht, er muss auch nicht singen“, sagt Maike Zipse, die Chefin der Betreiberfamilie. „Wir freuen uns immer, wenn er kommt, vertraglich hat er keine Verpflichtungen mehr, das macht er von sich aus, weil er es will. Die Türen des Teatro stehen ihm immer offen.“
Weil sie ihn als Mensch und Vertrauten schätzen, sind auch seine prominenten Freunde gekommen – zumindest einige, wie Torhüter-Legende Sepp Maier, der Faxen macht für die Fotografen, dann aber ganz ernst sagt: „Das gehört sich so, dass man heute kommt, das ist Ehrensache.“ Deshalb hat er sich nach der Enthüllung der Gerd-Müller-Statue in Nördlingen auch ins Auto gesetzt und ist hergefahren. Monika Gruber fehlt, allerdings tritt sie selbst zur Stunde im Circus Krone auf. Elmar Wepper, mit dem Alfons Schuhbeck unzählige, erfolgreiche Kochsendungen zelebrierte, hatte abgesagt. „Jetzt zeigt sich, wer wirklich ein Freund ist. Für mich gilt, in guten wie in schlechten Zeiten“, betont Schauspieler Francis Fulton-Smith. „Wir kennen den Alfons seit 50 Jahren, schon als er noch in Waging war. Er bleibt nach wie vor unser Freund“, versichern Marianne und Michael Hartl. „Wir lieben ihn trotzdem.“
Selbst die, die ihn nicht eine gefühlte Ewigkeit kennen, sprechen Alfons Schuhbeck Mut zu. Eine von ihnen ist Verena Kerth: „Du packst das schon“, ruft sie ihm zu. „The Show must go on.“
Vier Stunden tanzen, turnen und singen die Künstler gekonnt, dazu gibt es Wildpastete, Steinpilzconsommé, Ente und Schokoladentrüffel auf den Tisch. Auch hier ist Schuhbeck noch präsent: Er lächelt vom Programm, sein Schriftzug ziert die roten Schürzen und auch dem hypnotischen Conferencier Ully Loup kommt der Name Schuhbeck mühelos über die dunkellila Lippen, obwohl Schuhbecks Name eigentlich aus der Produktion gestrichen ist. Mit dabei auch: Simone Ballack (mit Ehemann Andreas Mecky), die nicht nur Alfons als Mensch, sondern auch seine Rezepte sehr schätzt, Münchner-Freiheit-Bandgründer Stefan Zauner („Dass er jetzt hier auftritt, hat wirklich Niveau, Hut ab“), Angermaier-Trachten-König Axel Munz, der wieder auf Solo-Pfaden unterwegs ist.
Nach seinem Auftritt und der Ankündigung, er trinke jetzt noch zwei Schnaps, bleibt Schuhbeck noch ein bisserl im Vorraum des Spiegelzelts, umringt von Freunden wie Wolfgang Krebs. Alle drängen sich um ihn, reden auf ihn ein, umarmen ihn. Schuhbeck selbst verliert kaum ein Wort, was bleibt auch noch zu sagen? MARIA ZSOLNAY