München – Smartphones im Unterricht: Das ist seit Jahren ein kontroverses Thema. Für viele Lehrer und Schüler gelten sie als eines der größten Probleme im Unterricht. Neuen Schwung in die Debatte hat die Entscheidung der konservativen britischen Regierung gebracht, Handys von den Schulen zu verbannen. Demnach soll die Nutzung von Smartphones komplett verboten werden – auch in den Pausen. In Bayern stoßen solche Pläne jedoch auf wenig Gegenliebe.
„Das Handy ist ein täglicher und selbstverständlicher Begleiter unserer Schülerinnen und Schüler. Ein generelles Verbot über alle Schularten hinweg halte ich für nicht zeitgemäß. Das ginge an der Realität vorbei“, teilt Kultusminister Michael Piazolo (FW) auf Anfrage unserer Zeitung mit. „Mir persönlich ist es wichtig, dass die Schulen sich flexibel für die Lösungen entscheiden können, die für alle Beteiligten am besten passen.“ Aktuell ist die Nutzung von digitalen Endgeräten nur dann gestattet, wenn die Aufsicht führende Person dies genehmigt.
Der deutsche Lehrerverband lehnt Pläne wie in Großbritannien ab. „Ein absolutes Handyverbot für alle Altersgruppen und den gesamten Schulbereich kann man nicht durchsetzen“, sagte Verbandspräsident Stefan Düll. Wichtiger sei ein „Ansatz des emanzipierten Schülers“. Man müsse sich gemeinsam Gedanken machen, wie man mit digitalen Geräten in der Schule umgehe. „Ein flächendeckendes Komplettverbot führt nur zu Umgehung und in der Folge zur Drangsalierung junger Menschen“, sagte Düll.
Auch gegen digitales Mobbing helfe ein Handyverbot kaum. „Wer mobben will, macht dann nachmittags weiter. Das können Lehrkräfte nicht kontrollieren.“ Online-Mobbing müsse für sich behandelt und besprochen werden, um dann gezielt dagegen vorzugehen.
Die bestehenden Regeln seien bereits ausreichend, meint auch Claudia Reiserer, Schulleiterin des Gymnasiums Miesbach. Dort hat man die Vorschriften noch einmal konkretisiert. „Das Handy in der Schule für den privaten Gebrauch zu nutzen, halte ich nicht für erforderlich“, stellt Reiserer klar. Deshalb sei die Benutzung in der Aula, im Pausenhof und während des Unterrichts verboten.
Lediglich für die Schüler der Oberstufen gibt es separate Räume, in denen sie in Freistunden auf die Smartphones zugreifen können. „Bei uns ist das kein kontroverses Thema“, betont Reiserer. „Es hat kein großes Konfliktpotenzial.“ In Ausnahmefällen könne das Handy zudem „zu schulischen Zwecken“ genutzt werden, so die Schulleiterin.
Das Gymnasium Berchtesgaden hat Smartphones vom Unterricht verbannt. Vor den Klassenräumen müssen die Schüler die Geräte in eine Kiste legen. „Das läuft echt gut“, freut sich Schulleiter Andreas Schöberl. „Wir haben beobachtet, dass die Aufmerksamkeitsspanne der Kinder höher ist, wenn die Handys nicht in greifbarer Nähe sind.“ Ein flächendeckendes Verbot, sagt er, könne keiner kontrollieren.
Wichtiger sei es, den Kindern frühzeitig einen verantwortungsbewussten Umgang mit Smartphones näherzubringen. Doch dazu seien die Schulen darauf angewiesen, „dass die Eltern ihrer Aufsichtspflicht nachkommen“. Die Lehrer könnten die Handys der Kinder schließlich nicht durchsuchen.