Streit um neues Windkraft-Gesetz

von Redaktion

Ein Windpark in Bayern: In den meisten Fällen gibt es bereits eine Bürgerbeteiligung – ohne gesetzliche Regelung. © epd

München – Martin Stümpfig ist vor Kurzem mehr als verärgert aus der Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Landtags gekommen. Auf der Tagesordnung stand die verpflichtende Bürgerbeteiligung bei Wind- und Solaranlagen in Bayern. Ein erster Gesetzentwurf der Staatsregierung war im März am Protest der Kommunen und der Verbände gescheitert, die hohen bürokratischen Aufwand fürchteten. Im Sommer hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) noch versprochen, an einer verpflichtenden Bürgerbeteiligung in dem neuen Gesetz festzuhalten, sagt der Grünen-Abgeordnete Stümpfig. Außerdem stehe das Versprechen auch im Koalitionsvertrag. Nun ist die Bürgerbeteiligung aber aus dem neuen Gesetzentwurf verschwunden. „Ein klarer Wortbruch“, ärgert sich Stümpfig.

Seine Fraktion hatte mit einem eigenen Gesetzentwurf für die verpflichtende Bürgerbeteiligung gekämpft. Dieser Entwurf wurde aber von den Regierungsfraktionen abgelehnt. „Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen fahren sehr gut mit einer gesetzlich verpflichtenden Bürgerbeteiligung an großen Solarparks und Windrädern“, betont er. Es schaffe Akzeptanz vor Ort, wenn die Bürger finanziell von neuen Anlagen profitieren würden. Wenn die Bürgerbeteiligung gesetzlich vorgeschrieben wäre, hätten Kommunen darauf bestehen können, erklärt Stümpfig.

Bereits seit einigen Jahren sieht das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) des Bundes vor, dass Betreiber von neuen Windrädern oder Solarparks die Kommunen am Erlös beteiligen sollen. Mit 0,2 Cent pro Kilowattstunde. Bisher war das nicht verpflichtend. Wenn Anlagenbetreiber das Geld ausschütten, bekommen sie es aber durch eine höhere Einspeisevergütung ersetzt. Im neuen Gesetzentwurf ist diese Zahlung nun verpflichtend vorgesehen. „Die Kommunen können aber keine andere Beteiligung mehr fordern. Sie müssen die reine Geldzahlung akzeptieren, auch wenn sie eine umfassendere Form der Beteiligung haben möchten. Das ist eine Beschneidung ihrer Verhandlungsposition“, betont Stümpfig. Außerdem ändere das Gesetz nichts an der bestehenden Praxis. Ohne die Bürgerbeteiligung bleibe ein völlig überflüssiges Gesetz, das Planer verpflichtet, eine Zahlung zu leisten, die sie ohnehin schon machen, ärgert er sich. „Das hilft der Akzeptanz beim Ausbau der Erneuerbaren überhaupt nicht.“

Der CSU-Abgeordnete Steffen Vogel sieht das anders. Eine verpflichtende Bürgerbeteiligung würde unnötige Bürokratie bedeuten. „Und wenn es zu keiner Einigung kommt, verzögert sich alles.“ Außerdem gebe es ohnehin kaum neue Windräder oder Solarparks ohne Bürgerbeteiligung in Bayern. „Jeder schlaue Betreiber überlegt, wie er die Bürger einbeziehen kann, um sie hinter sich zu haben.“ Es gebe deshalb keinen Grund, die Beteiligung in ein gesetzliches Korsett zu zwängen. Die bisherige Beteiligung von 0,2 Cent pro Kilowattstunde sei aber künftig verpflichtend. Bisher wurde sie noch nicht für alle Windräder und Solarparks genutzt, sagt Vogel.

Der Bayerische Gemeindetag begrüßt die neue Fassung des Gesetzes ebenfalls. Der erste Entwurf hätte bedeutet, dass die Gemeinden Modelle für die Bürgerbeteiligung aushandeln müssen, das hätten viele Kommunen nicht stemmen können, erklärt Stefan Graf, Energiereferent des Gemeindetags. Denn es erfordere bei der Vielschichtigkeit der möglichen Modelle nicht nur Zeit, sondern auch Fachwissen. Dass die 0,2 Cent Beteiligung künftig verpflichtend sind, begrüßt der Gemeindetag ebenfalls. „Es hat in den meisten Fällen funktioniert, aber eben nicht in allen“, sagt Graf. Außerdem seien künftig 0,1 Cent pro Kilowattstunde zusätzlich möglich. „Die Grünen haben Recht: Ein Quantensprung ist das nicht. Aber die Zahlung ist nun für alle gesichert, damit hat das Gesetz einen Mehrwert.“

Martin Stümpfig und die Grünen sind davon nicht überzeugt. Die zweite Lesung im Landtag ist Anfang November geplant. Dann will die Fraktion noch einmal Änderungsanträge einbringen. Stümpfig sagt: „Noch haben wir die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die Bürgerbeteiligung verpflichtend wird.“

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