INTERVIEW

Volksmusik mit der Kraft des Jazz

von Redaktion

Franz Himpsl und seine Unterbiberger Hofmusik kommen ins Kino

Konzert auf dem Nil: Familie Himpsl in Ägypten. © Fotos: Matthias Ditscherlein

Im ersten Moment klingt ihre Musik typisch bayerisch, doch plötzlich blitzen arabische, türkische oder indische Töne durch. Typisch Unterbiberger Hofmusik. Das Ehepaar Himpsl und seine drei Söhne treten seit 1992 gemeinsam auf. Jetzt kommt ein Film über sie ins Kino. Wir sprachen mit dem Mann, mit dem alles begann: Lehrer, Trompeter und Vater Franz Himpsl (70) über die verbindende Kraft der Klänge.

Herr Himpsl, was erwartet die Zuschauer im Film?

Filmemacher Matthias Ditscherlein hat uns mit der Kamera auf Konzerten und privat begleitet, aber: Es geht darin nicht nur um mich und um unsere Musik, sondern vielmehr um unsere Heimat in den vergangenen 60 Jahren. Darum, welche Kraft Musik hat, Menschen und Kulturen zusammenzuführen. Wir haben zum Beispiel in Teheran, Marokko oder Tunesien gedreht – und wir glauben, es kommt rüber, wie freundlich die Menschen sind, wenn man offen auf sie zugeht. Das geht mit nichts so einfach wie mit Musik. Wenn Leute zusammen singen und lachen, dann ist das Wichtigste geschafft. Jazz ist das Esperanto der Musik!

Der Untertitel des Films lautet „Vom Woid in die Welt“, was auf Ihre Herkunft im Bayerischen Wald anspielt. Wurde Ihnen Musik in die Wiege gelegt?

Überhaupt nicht! Ich komme aus dem kleinen Dorf Mutzenwinkel am Brotjacklriegel. Musik spielte da keine Rolle. Aber dann kam ich in die Klosterschule der Benediktinerabtei Schweiklberg bei Vilshofen. Dort hieß es, man könne Klavier lernen, das sei gar nicht teuer. Im Kloster durfte ich auch in der Schola mit den Mönchen singen und ein bisschen Geige lernen. Das war der Himmel für mich.

Beim braven Klosterschüler ist es aber nicht geblieben.

Nein, ich kam später nach Straubing ins Schülerheim und war mit Sigi Zimmerschied auf dem Zimmer. Da hab ich dann plötzlich gelernt: Der ist selbstbewusst und frech – so geht‘s also auch! Denn wenn man vom „Woid“ rauskommt, hat man kein großes Selbstbewusstsein, man muss erst mal zeigen, dass man überhaupt da ist. Ich hab mir vieles erkämpfen müssen – im Grunde bin ich aufgewachsen wie ein Wildhas‘.

Sie waren Sport- und Musiklehrer, studierten Trompete, waren bei den Münchner Philharmonikern engagiert. Sind die drei Söhne in diese Welt hineingewachsen oder mussten sie zum Musizieren geschubst werden?

Wahrscheinlich beides. Zum einen hat meine Frau, die Mutter der Buam, selbst Schulmusik studiert und war immer das entscheidende Regulativ. Zum anderen sind bei uns, seit die Kinder 4, 5 Jahre alt waren, Weltstars der Musik ein und aus gegangen. Von denen haben sie gehört, wie toll es ist, auf großen Bühnen zu stehen, aber auch, welche Schwierigkeiten dahinterstecken. Wer sagt, ein Instrument zu lernen macht immer Spaß, der lügt. Aber meine Söhne sagen, dass ich ein guter Motivator bin. Und wenn sie mal keine Lust mehr hatten, stand immer wieder ein Auftritt an, auf den sie sich freuten. Der Zug zur Bühne ist ihnen angeboren, sagt mein Sohn. Es konnte ja nicht mal der Kaminkehrer zu uns kommen, ohne dass die Buben ihm was vorgespielt haben.

Wie würden Sie heute Ihre Musik beschreiben?

Da steckt kein Konzept dahinter. Die Grundlage ist bayerische Volksmusik. Vor ihr habe ich großen Respekt, und ich finde es sehr wichtig, sie zu erhalten. Aber ich glaube auch, da braucht es noch mehr. Musik ist eine internationale Sprache, und da darf man auch etwas anderes hören, egal ob die Türkei, Ägypten oder Marokko.

Das fanden in Bayern wohl nicht alle gut?

Als wir mit bayerischem Jazz anfingen, fanden uns vielleicht 70 Prozent gut, 30 Prozent haben uns verteufelt. Inzwischen kombinieren viele Bands Jazz und bayerische Musik. Heute verbinden wir unsere Musik auch mit der aus der Türkei. Durch unsere Instrumentation klingt das nach Balkanmusik, was wieder viele ablehnen. Lustig ist, wenn wir türkische Texte ins Niederbayerische übersetzen und die Türken glauben, dass das ein Dialekt aus dem Osten der Türkei ist!

Fest steht, Ihre Musik kommt an…

Wir waren zum Beispiel in Kairo, haben vor der Bibliothek von Alexandria vor 3000 Studenten gespielt. Wir sangen „Rehragout“ auf Bairisch, meine Söhne meinten: „Bapp, du spinnst!“ Aber es hat funktioniert. Und wenn es kein Erfolg gewesen wäre, wäre es auch nicht schlimm gewesen. Wichtig ist es, keine Angst zu haben. Einfach machen. Und Respekt voreinander haben.

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