München – Manchmal staunt man, wie bayerisch die CDU sein kann, wenn sie das unbedingt will. Von den potenziellen Kanzlerkandidaten haben jedenfalls mehrere irgendwie Wurzeln oder Wohnsitze im Freistaat. Friedrich Merz besitzt eine Villa am Tegernsee, zahlt brav Zweitwohnungssteuer in Gmund. Armin Laschet studierte Jura in München und erzählt gern, wie er einst für Radio Charivari Beiträge lieferte. Jens Spahn hat beim besten Willen keine weißblauen Wurzeln, ist dafür seit Jahren unermüdlicher Gastredner und Wahlkämpfer selbst bei Kreisverbänden in den entlegensten Winkeln des Freistaats.
Was davon wirkt? Und wie steht die CSU-Basis zu den Kandidaten? Offizielle Linie aus der Parteizentrale: nicht einmischen. „Wir werden, egal wer es ist, zurechtkommen müssen“, sagte Markus Söder laut Teilnehmern vor zehn Tagen im CSU-Vorstand. Er bat, von öffentlichen Äußerungen Abstand zu nehmen. Mancher Parteifreund biss sich daraufhin auf die Zunge, andere nicht. Der Niederbayer Erwin Huber beispielsweise sprach sich klar gegen Merz aus. Nach 15 Jahren außerhalb der Politik bringe er’s nicht mehr.
Der unterfränkische Landtagsabgeordnete Steffen Vogel fordert hingegen im Internet einen „Aufbruch Merz“. Wer viel mit Abgeordneten spricht, hört dort nicht einhellig, aber mehrheitlich Sympathien für den Sauerländer heraus. Vogel wirft der scheidenden CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer übrigens den unfreundlichen Satz hinterher, ihr Rückzug sei „die erste gute Nachricht aus der CDU seit langer Zeit“.
Wir haben uns bei den Kreisvorsitzenden der CSU in Oberbayern umgehört. Das Bild: uneinheitlich. Oder, wie es der Garmischer Kreischef Michael Rapp sagt: „Man kann froh sein, dass man aus einer solchen Auswahl schöpfen kann.“ Norbert Röttgen, der sich jüngst ins Rennen einschaltete, findet er „sehr kompetent“. Es sei schade, dass er damals „aus der ersten Reihe verschwunden ist“. Merz strahlt aus Rapps Sicht „eine große Portion Zuversicht aus, vor allem im konservativen Milieu, aber auch bei jüngeren Leuten“. Spahn werde eher Minister bleiben, mutmaßt Rapp. Eine Aufteilung der Ämter kann er sich bei der CDU gut vorstellen. „Das kann aber nur über einen Konsens gehen.“ Rapp hofft, dass es zu keiner Kampfabstimmung bei der Schwesterpartei kommt.
An Söders Schweigegelübde orientieren sich die Kreisvorsitzenden Bernhard Seidenath (Dachau), Staatskanzleichef Florian Herrmann (Freising), Martin Bayerstorfer (Erding), Thomas Holz (Bad Tölz-Wolfratshausen) und Vize-Generalsekretär Florian Hahn (München-Land). Stefanie von Winning (Starnberg) sagt: „Wir haben keinen Kommentar dazu abzugeben, wen eine andere Partei als Vorsitzenden wählen sollte.“ Ob der neue CDU-Vorsitzende dann automatisch auch Kanzlerkandidat der Union werde, sei auch noch nicht ausgemacht. „Das ist eine Option von mehreren.“ Der Ebersberger Thomas Huber legt sich ebenfalls nicht fest, betont aber, ein Kanzler brauche einen klaren Kurs und müsse „integrieren, die gespaltene Gesellschaft und die politischen Strömungen wieder zusammenführen“.
Der Miesbacher CSU-Chef Alexander Radwan sagt, er kenne Röttgen, Merz, Spahn und Laschet aus Berlin. „Alle genannten Kandidaten hätten das Format“, sagt er. Er habe einen Favoriten, wolle aber damit noch warten. Die Kanzlerkandidatur traue er auch Söder zu. „Aber er setzt seine Prioritäten völlig zu Recht im Blick auf Bayern.“ Von dort aus könne er die Bundespolitik mitgestalten.
Jenseits der Kreisvorsitzenden ist das Bild etwas bunter, aber freilich nicht repräsentativ. Der Rosenheimer Daniel Artmann, der die Junge Union Oberbayern führt, legt sich auf Merz fest. „Er sollte zukünftig in herausgehobener Position Verantwortung in der Bundesregierung übernehmen“, sagt Artmann unserer Zeitung: „Wir brauchen als Union wieder ein klares bürgerliches Profil.“
Der Schongauer CSU-Chef Oliver Kellermann sagt, Merz könne mit seiner Zielstrebigkeit, seinen rhetorischen Fähigkeiten und seiner klaren Linie Deutschland nach vorne bringen. Der Penzberger Bürgermeisterkandidat Stefan Korpan hebt Spahn hervor. Der frühere CSU-Vize Peter Gauweiler hingegen wirbt für Merz. Der habe an der CDU-Basis die Nase vorn, sagte der Münchner diese Tage zu „ntv“. „Man soll die Leute hinlassen, die eine Mehrheit in der Basis haben.“ So etwas sollten „nicht immer tausend Dienstwagenfahrer aus dem Bund und den Ländern unter sich ausmachen“.
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