von Redaktion

Pilotprojekt: Deutschlands erste Klima-Milchfarm

Homberg/Friedrichsdorf – Während die Kühe in Mario Freses Stall vor sich hin kauen, schiebt ein grüner runder Roboter die Gras- und Maissilage auf dem Boden unermüdlich wieder zusammen. Die Futteraufnahme der Wiederkäuer soll so besser und kontinuierlicher werden, erklärt der Landwirt, dessen Milchviehbetrieb im nordhessischen Mörshausen (Schwalm-Eder-Kreis) die erste deutsche Klima-Milchfarm ist.

Der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern Nestlé hat die Farm mit der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) und der Molkerei Hochwald ins Leben gerufen. Das Unternehmen will laut Nestlé-Deutschland-Chef Marc Boersch bis spätestens 2050 klimaneutral sein. Der Konzern wolle einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, betont Boersch. Viele werfen dem Unternehmen vor, mit seinen Produkten Profit auf Kosten der Ärmsten zu machen. Nestlé will in 45 Farmen weltweit erforschen, wie man Milch umweltfreundlicher produzieren kann. Der Hof von Frese mit seinen 135 Kühen soll als Deutschlands erste Klima-Milchfarm Schule machen. Er sei gut geeignet, weil er als konventioneller Milchvieh-Betrieb repräsentativ sei, sagt Helmut Stuck, Leiter der Erzeugerberatung bei Hochwald. Die Molkerei verarbeitet die Milch ihres Genossenschaftsmitglieds Frese.

Freses Kühe werden in einem offenen Stall gehalten. Für die Grünlandhaltung fehle es dem Hof an Weidefläche, sagt der Landwirt. 1,2 Millionen Liter Milch, die vor allem als Mozzarella auf Wagner-Pizzen von Nestlé landen, produziert der Betrieb jährlich. Dabei entstehen pro Jahr 1359 Tonnen CO2-Äquivalent (CO2e). „Das entspricht dem Ausstoß von insgesamt 120 Menschen in einem Jahr“, erklärt Andreas Durst, Projektmanager der HfWU. Den größten Anteil davon machten die Treibhausgase aus, die im Kuhmagen entstehen, gefolgt vom Ackerbau und Futtermitteln. Erklärtes Ziel ist es, den CO2-Fußabdruck des Hofes innerhalb von drei Jahren rechnerisch auf netto null Emission zu bringen.

Eine zentrale Rolle kommt dem Futter zu. Je besser die Kühe es verdauen und verwerten können, desto mehr Milch geben sie. So sinken laut Stephan Schneider, Professor für Tierernährung an der HfWU, die Emissionen pro Kilo Milch. Helfen soll dabe ein Futteranalyseplan. Der Anschieberoboter sorgt für den kontinuierlichen Zugang zu Futter. Entscheidend ist laut Schneider auch der Bezug. „Das Futter der Kühe ist größtenteils aus Eigenanbau. Zusätzlich setzen wir Kraftfutter mit geringem CO2-Fußabdruck ein.“

Auch Gülle und Energie des Hofes stehen auf dem Prüfstand. Güllezusätze sollen Ammoniak-, Methan- und Geruchsemissionen senken. Gedüngt wird möglichst mit Gülle und Mist.

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