Grub – Als durchaus vielversprechend sieht Professor Dr. Hubert Spiekers, Leiter des Instituts für Tierernährung und Futterwirtschaft der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub (Kreis Ebersberg), den neuen Futtermittelzusatz „Bovaer“ zur Reduzierung der Methanproduktion beim Rind.
Methan wird unter anderem beim höchst komplizierten Verdauungsvorgang im Vormagen von Rindern produziert. Es entsteht im Pansen, wenn das Gras durch Mikroben zur Nutzung für die Kuh zersetzt wird. Die Rinder stoßen das dabei entstehende Methan mit dem Atem aus. Der Stoff, den die Chemiefirma DSM nun entwickelt hat, soll so wirken, dass der letzte Schritt – das Entstehen von Methan aus Wasserstoff und Kohlendioxid – reduziert wird. Das ist laut Spiekers die biochemische Idee hinter dem Futtermittelzusatz. Von der fachlichen Seite sei das sehr wohl nachvollziehbar, lobt der Wissenschaftler. Die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG), der er angehört, habe das auch in einer eigenen Studie prüfen lassen. „Von der grundsätzlichen Seite ist das eine Sache, die man durchaus verfolgen kann.“ Die Frage sei allerdings, ob man so eingreifen will: „Wir wollen ja, dass es für alle – für das Tier, die Bakterien und die Umwelt – auch passend ist.“ DSM habe die Erkenntnisse weiterentwickelt und Studien durchgeführt. „Wir erkennen, dass da durchaus Effekte feststellbar sind“, sagt der Professor. Dies habe dann auch dazu geführt, dass die Europäische Union mit ihren zuständigen Einrichtungen fürs Futtermittelrecht das Mittel befürwortet hat. Im Prinzip seien die Maßgaben für die Zulassung fachlich geprüft. Die konkreten Zulassungen stehen an. Jetzt müsse es in den einzelnen Ländern umgesetzt werden.
Welche Empfehlung aber gibt die LfL? „Unsere Einrichtung hat sich da noch nicht abschließend geäußert“, so Spiekers. Für ihn sei nach wie vor die Frage offen, ob es nicht bei längerem Gebrauch Gewöhnungseffekte gebe und sich die Methanbildung andere Wege suche. Es gebe Hinweise, dass es bei bestimmten Futtermittelsituationen bei längerem Einsatz abnehmende Effekte gebe. Die LfL hatte daher das Agrarministerium gebeten, das gesondert prüfen zu dürfen. Das Ministerium stimmte zu „und wir schaffen jetzt Geräte an, um auf dem Versuchsgut in Achselschwang diese Dinge messen zu können“, sagt Spiekers. Die Dauerwirkung müsse abschließend geklärt werden.
Der zweite Punkt sei, dass das Produkt jeden Tag verabreicht werden müsse. „Das kostet natürlich etwas“, so Spiekers. Der genaue Preis sei noch nicht bekannt. Die Landesanstalt habe erst kürzlich mit Futtermittelherstellern gesprochen. „Die feiern das noch nicht als die Lösung.“
Zuletzt stelle sich die Frage: „Was hat der Landwirt davon?“ Der ökologische Fußabdruck sei dann zwar etwas besser, „aber das wird im Moment noch nicht honoriert“. Also: Man muss sehen, wer es bezahlt. Das Mittel sei erfolgversprechend, aber all das müsse vorher geklärt werden.
Von einer CO2-Besteuerung hält der Fachmann wenig. In der bayerischen Landwirtschaft habe man heute sehr viel weniger Methan als vor 20 Jahren – allein durch die Reduzierung der Kuhzahl von etwa zwei auf 1,1 Millionen. Nicht die Tiere, sondern die zusätzliche CO2-Belastung etwa durch Verkehr und Industrie sorgten heute für die Probleme. Unstrittig sei aber, dass durch den Futtermittelzusatz die Tiere einen Beitrag zur Verbesserung des Klimas leisten könnten. „Jeder Sektor muss sehen, dass er zu mehr Klimaneutralität beiträgt.“
Es gebe aber auch andere Lösungen: Etwa dafür zu sorgen, dass man mit größerer Sorgfalt mehr Futter bei gleichem Aufwand von der Wiese erzeugt. Da könne man noch viel machen und die Ressourcen besser nutzen. „Das ist zur Zeit eine Riesendiskussion in unserem Bereich.“ Fazit: Spiekers findet „Bovaer“ vielversprechend. Man müsse aber dem Verbraucher genau erklären, was das Mittel bewirke und wie es wirkt. „Es ist lohnend, das zu verfolgen und wir hoffen, dass das Mittel auch die Dinge kann, die es verspricht.“ CLAUDIA MÖLLERS