Neue Bunker? Bundesamt-Präsident ist skeptisch

von Redaktion

Bundesregierung prüft derzeit, wie viele Schutzräume reaktiviert werden können – Alternative: U-Bahnhöfe oder Tiefgaragen

Berlin – Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Ralph Tiesler, sieht einen Neubau von Bunkern für den Zivilschutz skeptisch. „Neue Bunkeranlagen mit einem sehr hohen Schutzanspruch zu bauen, kostet sehr viel Geld und vor allem auch sehr viel Zeit“, sagte er dem „Tagesspiegel“. „Das dauert Jahre.“ Er hielte es für sinnvoller, über andere Konzepte nachzudenken. „Welche U-Bahnhöfe oder Tiefgaragen sind beispielsweise geeignet, um Schutz zu suchen? Auch darüber wollen wir uns einen Überblick verschaffen.“

Der russische Angriff auf die Ukraine und seine Folgen – zuletzt mit der vermuteten Sabotage auf die Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 – haben die Frage in den Blick gerückt, wie gut der Bevölkerungsschutz in Deutschland auf Krisensituationen wie Stromausfälle oder gar ein Kriegsszenario vorbereitet ist. Man könne sich nicht vor der Frage drücken, „was es bedeuten würde, wenn eines Tages auf deutschem Boden wieder Krieg wäre“, sagte Tiesler in dem Interview.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte anlässlich des Jahrestages der Flutkatastrophe im Ahrtal bereits gesagt, dass Deutschland einen Neustart beim Bevölkerungsschutz brauche. Die Ministerin sprach von großen Versäumnissen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten„Wir haben uns lange zu sicher gefühlt.“ Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat eine Checkliste veröffentlicht, wie man für den Notfall vorsorgen sollte (siehe Kasten).

Nicht nur die Sirenen zur Warnung der Bevölkerung waren nach dem Ende des Kalten Kriegs vielerorts abgebaut worden. 2007 war entschieden worden, die öffentlichen Schutzräume abzuwickeln – dieser Prozess wurde im März dieses Jahres gestoppt. Es läuft aktuell eine Bestandsaufnahme der noch vorhandenen Bunker und Schutzkeller.

„Bis Ende des Jahres wollen wir einen Überblick haben, welche Schutzräume noch da sind“, sagte Tiesler nun. „Im Laufe des nächsten Jahres wollen wir wissen, welche davon sich theoretisch wieder reaktivieren lassen. Dazu wäre es sicherlich sinnvoll, die noch vorhandenen Schutzräume wieder in die Zivilschutzbindung zu nehmen, sodass der Bund die Räume im Krisenfall auch nutzen kann.“ Aber das sei eine politische Entscheidung. Tiesler wies zugleich darauf hin, dass es auch früher „nie mehr Schutzräume als für drei Prozent der Bevölkerung“ gegeben habe.

In Bayern gibt es von ehemals 492 noch 159 öffentliche Schutzräume, wie das Bayerische Bauministerium unserer Zeitung nach dem russischen Überfall auf die Ukraine mitteilte. Bauminister Christian Bernreiter (CSU), sagte damals, der Freistaat denke darüber nach, Zuschüsse für kriegssichere Tiefgaragen zu vergeben. Denn die bayerischen Schutzräume befinden sich im Eigentum von Bund, Freistaat, Kommunen oder Privatpersonen. Es gibt jedoch keine Vorgaben mehr, diese übrigen Bunker zu warten oder zu betreuen.

In München beispielsweise prägen bis heute rund 40 Hochbunker das Stadtbild. Dazu listet das Forschungsprojekt „Bunkerfreunde München“ 27 ehemalige Tiefbunker in der Landeshauptstadt auf. Teilweise mit gut versteckten Eingängen, etwa im Nymphenburger Schlosspark oder unter dem Münchner Hauptbahnhof. Um offizielle Schutzräume handelt es sich dabei aber häufig nicht mehr. Teilweise sind in den Anlagen mittlerweile Museen und Vereine untergebracht. In den ehemaligen Hochbunkern leben mitunter Privatpersonen oder sie werden an Hotelgäste vermietet.  dpa/mm

Nach dem Kalten Krieg wurden die Bunker abgewickelt

In Bayern gibt es noch 159 öffentliche Schutzräume

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