Prof. Dietrich Grönemeyer hat eine Vision: Er will selbstbewusste Patienten und eine Medizin, der die Menschen vertrauen: „Guckt man in die Welt von heute, sieht man, dass immer mehr Menschen stark verunsichert sind – das müssen wir ändern“, fordert er. Er wünscht sich eine Medizin, die auf die Bedürfnisse des Betroffenen ausgerichtet ist und ganzheitlich behandelt. Eine gute Strategie zur Prävention und eigenverantwortlich handelnde Patienten sind in seinen Augen unverzichtbar.
In seinem Buch „Medizin verändern“ erklärt Grönemeyer Strategien, wie man sich erfolgreich orientieren kann. Wichtigster Baustein ist für ihn eine Stärkung des Hausarztprinzips. „Ich rate jedem, sich einen guten Hausarzt oder eine gute Hausärztin als Vertrauensperson und ersten Ansprechpartner zu suchen“, sagt er. „Ein Arzt, der einen im Idealfall von Geburt an kennt, der um die Probleme und die familiäre Situation Bescheid weiß, der einen impft und über Jahrzehnte hinweg kennt, wirkt wie ein guter Co-Pilot an der Seite.“ Weiterer wichtiger Baustein ist in seinem Augen die digitale Vernetzung – etwa von Hausarzt und Kliniken: „Die Zeit der Faxe sollte heute längst vorbei sein.“ Zudem wünscht er sich die Stärkung von Kompetenzzentren: „Wir müssen das Fachwissen zum Beispiel zu Long Covid, Herzkrankheiten, Allergien und Lungenerkrankungen noch stärker bündeln, um so schnell, gezielt und kompetent helfen zu können“, fordert der Mediziner. Er wünsche sich für die Zukunft eine „Medizin zwischen Hightech und Naturheilkunde nach dem Behandlungsprinzip von leicht nach schwer“. Spitzenforschung und zugleich ein ganzheitliches Verständnis „für den Menschen als fühlendes und denkendes Wesen“.
Auch die Ärzte hätten mehr Wertschätzung verdient: „Ein Hausarzt hat mehr verdient als 50 Euro pro Quartal und Patient, egal, wie oft und wie lange er ihn sieht!“, sagt der Mediziner. Die Fallpauschalen würde Grönemeyer am liebsten ganz abschaffen, und bei den Vorsorgeprogrammen sei es extrem wichtig, dass sie Patienten nichts kosten. „Denn ohne Prävention wird es später immer teurer.“
„Patienten brauchen neben Medikamenten und Operationen auch Zuwendung und die Berücksichtigung ihrer individuellen Situation“, sagt er. Umso schlimmer sei es, wenn man zum Beispiel Hebammen und Physiotherapie wegrationalisiere. Grönemeyer ist sich sicher: „Werden solche Pläne umgesetzt, zahlen schlussendlich alle zusammen drauf – finanziell und mit unserer Gesundheit.“ svs