München – Landtagspräsidentin Ilse Aigner gehört zu den beliebtesten Politikerinnen in Bayern. Im Interview erklärt sie, was das starke Abschneiden der AfD für das Parlament bedeutet. Zugleich analysiert sie das Ergebnis ihrer CSU, deren Vorsitzende sie in Oberbayern ist.
Frau Präsidentin, um mit diesem CSU-Ergebnis zufrieden zu sein, muss man eine sehr geringe Erwartungshaltung gehabt haben, oder?
Wir haben unser Ergebnis gehalten, aber es gab große regionale Unterschiede. Die stärksten CSU-Ergebnisse erzielten wir in Franken. In Südbayern entlang der Alpenkette bis nach Niederbayern sind neue Gegner im rechten Spektrum aufgetaucht, die der CSU schwer zu schaffen machen. Damit muss man künftig anders umgehen.
In Oberbayern hat die CSU zugelegt, in Niederbayern dramatisch verloren. Hängt das mit den Spitzenkandidaten Ilse Aigner und Christian Bernreiter zusammen?
Nein. Es liegt vor allem daran, dass in Niederbayern Hubert Aiwanger auf der Liste der Freien Wähler stand.
Aiwanger bedroht den Markenkern der CSU: Ist er „näher am Menschen“?
Klar ist: Die Wählerstimmen der Freien Wähler kommen vor allem von uns. Das sieht man auch an den Ergebnissen der AfD, die in Bayern und Hessen nicht so unterschiedlich sind.
Was ist zu tun?
Wir müssen die Freien Wähler und ihren Spitzenkandidaten inhaltlich stellen. Es wäre gut, wenn sich Hubert Aiwanger als Wirtschaftsminister mal um das Thema Wirtschaft kümmern würde. Dieses Ministerium verfügt über namhafte Forschungsinstitute, die man nutzen sollte, um Zukunftsfragen zu lösen. Große Weichenstellungen in Aiwangers Amtszeit habe ich aber leider nicht vernommen.
Stattdessen tanzte er der CSU auf der Nase herum. Wie will man das künftig verhindern?
Indem wir ihn an seinen Job erinnern: Es geht um Bayern und nicht um seine bundespolitischen Ambitionen!
War es ein Fehler der CSU, so stark auf diese Koalition zu setzen?
Es wäre schön gewesen, andere Optionen zu haben. Aber die Ampel-Grünen haben sich praktisch selber ausgeschlossen. Es blieben ja nur noch die Freien Wähler. Es wäre aber sicher ratsam gewesen, sich klarer von ihnen abzugrenzen.
In der Vorstandssitzung wurde kritisiert, die CSU sei eine reine One-Man-Show. Ein Problem?
Wir haben sehr gute Ministerinnen und Minister. Die sollten mehr in den Vordergrund gerückt werden. Wir müssen in einem großen, breiten Team arbeiten.
Warum hat die AfD so stark abgeschnitten?
Der bundespolitische Trend macht auch vor Bayern nicht halt. Alle Wähler-Befragungen zeigen: Das Thema Zuwanderung bewegt die Menschen extrem. Ich hoffe sehr, dass die Ampel den Handlungsbedarf erkennt und das Problem der unkontrollierten Zuwanderung endlich löst. Das lange Zögern der Bundesregierung hat der AfD einen neuen Schub gegeben. Das bestätigen auch alle Wahl-Analysen.
Die AfD ist jetzt stärkste Oppositionspartei. Was heißt das für den Landtag?
Die stärkste Oppositionsfraktion antwortet immer auf eine Regierungserklärung. Normalerweise beginnt also künftig die AfD, dann folgen CSU, Freie Wähler, die Grünen und die SPD.
Sie selbst haben in der vergangenen Legislatur viele Rügen ausgesprochen. Es dürfte nicht besser werden. . .
Ich habe schon vor der Wahl gesagt, dass ich als Landtagspräsidentin strengstens darauf achten werde, dass hier mit Anstand gearbeitet wird. Wir prüfen eine Verschärfung der Regeln – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Parlaments. Bei Rügen soll es künftig auch finanzielle Sanktionen geben.
Interview: Mike Schier