Wer sieht so aus wie ich?

von Redaktion

Künstleragenturen suchen oft vergebens nach Doppelgängern prominenter Politiker. Auch mit Friedrich Merz wartet eine ziemlich harte Nuss – Verzeihung: Birne.

US-Senator Chris Coons und Olaf Scholz (re.) beim Selfie.

Mirco Budde und Jens Spahn (re.) beim Selfie. © Internet

Die zweite Mutti: Ursula Wanecki, Doppelgängerin der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel. © dpa

Bonn/Mülheim – Mit dem Wechsel der Bundesregierung beginnt auch die Suche nach neuen Doppelgängern. Aber die Suche nach einem neuen Kanzlerdouble könnte ähnlich schwierig werden wie die Regierungsbildung. „Ich suche schon seit mehreren Wochen intensiver nach einem Friedrich-Merz-Double, aber bin noch nicht fündig geworden“, sagt der Künstleragent Jochen Florstedt aus Mülheim.

Wie schwer die Jagd nach Doppelgängern ist, sieht man auf Florstedts Homepage. Für Michelle Obama hat er eine ganz gute Lösung gefunden, auch der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un geht durch. Dann aber wird die Luft schon dünner. Wolodymyr Selenskyj, Bill Clinton oder Donald Trump: eine gewisse Ähnlichkeit ja, aber Doppelgänger?

Bei Olaf Scholz klafft eine Lücke. „Wo ist das perfekte Scholz-Double“, steht nur im verblassten Foto des echten Scholz. Vielleicht hätte Florstedt in Delaware anrufen sollen. Dort ist der 60-jährige Demokrat Chris Coons Senator – und sieht dem scheidenden SPD-Kanzler ziemlich ähnlich.

Die beiden wissen das. „Great to see my Doppelgänger again“, schrieb Scholz auf Englisch („Schön, meinen Doppelgänger wiederzusehen“) und veröffentlichte ein Selfie mit Coons von einer Begegnung in den USA. Auch Coons veröffentlichte das Selfie über seinen Account und fragte auf Deutsch: „Wer ist wer?“

■ Das Problem mit dem umgedrehten Birnenkopf

Eine andere Agentur bietet für US-Präsident Donald Trump ein Double an, das eher aussieht wie die deutsche Fußball-Ikone Günter Netzer mit Trump-Frisur. Der doppelte Trump ist jedenfalls sehr kooperativ, wenn man ihn bucht. Er tritt bei Galas, Stadtfesten, Produktpräsentationen auf, bei Verkaufsförderungsmaßnahmen, Hausmessen, Mitarbeiter-Events und wo immer sonst man ihn sehen will. Und anders als das Original sagt er vermutlich das, was man von ihm hören möchte.

Manchmal taucht ein Doppelgänger zufällig auf. Mirco Budde aus Düsseldorf etwa hat starke Ähnlichkeit mit Jens Spahn, was ein Selfie der beiden beweist. Buchen kann man Budde auch – allerdings nicht als Double, sondern in seinem Beruf als Finanzberater.

Nun also wartet mit Merz eine schwere Aufgabe. „Merz hat ja diesen charakteristischen umgedrehten Birnenkopf: extrem schmales Kinn, sehr breiter Schädel. Und dieser mürrische Blick, der muss bei einem wirklich guten biometrischen Doppelgänger natürlich schon sein“, erklärt Agenturchef Florstedt. Dass es im Land optisch ähnliche Menschen gibt, davon ist er überzeugt. „Aber ich habe bei Scholz und anderen Spitzenpolitikern festgestellt, dass sie nicht unbedingt entdeckt werden wollen.“ Kanzler- und Kabinetts-Double der Ampel habe er vergeblich gesucht: „Kein Lindner, keine Baerbock, kein Habeck, auch kein vernünftiger Scholz.“ Er glaubt, dass potenzielle Doppelgänger fürchten, wie die Politiker Beleidigungen oder Pöbeleien ausgesetzt zu sein. „So was passiert nicht. Denn die Künstler treten ja immer in einem gesicherten Umfeld oder bei Firmen-Veranstaltungen auf, wo auch klar wird, dass es Doubles sind“, beruhigt er.

Der Double-Agent vermittelt seit 1998 bundesweit Menschen, die Film-, Musik- oder Sportstars zum Verwechseln ähnlich sind, an Film, Fernsehen und für Firmenevents. Ein Dauerbrenner in seiner Kartei: die Sauerländerin Ursula Wanecki, die seit vielen Jahren als Angela Merkel auftritt. Sie wurde durch Werbespots und Auftritte etwa in der ZDF-Sendung „heute-show“ bekannt und sei noch immer im Geschäft. Ihr Erfolg liege auch an der prägenden Kraft des Originals.

Dass die Anziehungskraft des Originals für die Nachfrage wichtig ist, betont auch Frank Schäfer, Chef der Agentur Doubles & More. Einen Friedrich Merz habe man noch nicht im Portfolio, „aber er könnte durchaus sehr, sehr wichtig werden“. Ein Doppelgänger sei nur so erfolgreich wie der, den er verkörpern soll. „Hat das Original eine schlechte Publicity, ist das Double gleich mit verbrannt“, erklärt Schäfer. Aber er traue dem Original-Merz zu, ausreichend „Steilvorlagen zu liefern“, damit der Doppelgänger gebucht wird. Andere aus der Branche sind da skeptischer und suchen gar nicht erst nach Spitzenpolitiker-Doubles. „Deutsche Politiker werden ganz selten gebucht“, sagt Jürgen Tebbe, Inhaber der Agentur New Lookalikes. „Wer will schon einen deutschen Politiker für sein Event? Da fehlt der Glamour.“ Das gelte auch für den Noch-Kanzler: „Unser Olaf Scholz wurde in der ganzen Zeit nur zwei Mal für Fernsehdrehs gebucht.“

Auch abseits des Showbiz spielen Doppelgänger eine Rolle. Vielen Machthabern wird nachgesagt, Doubles auf gefährliche Termine zu schicken. Bei Josef Stalin weiß man von Doppelgängern, Iraks Machthaber Saddam Hussein werden mindestens drei Doubles nachgesagt. Auch bei Wladimir Putin gibt es immer wieder Gerüchte, die der Kreml aber beharrlich dementiert.

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