Wie Bayern auf den Zoll-Pakt reagiert

von Redaktion

Spürbare Bedenken in der Wirtschaft – Söder: Jetzt weg mit dem EU-Bürokratie-Krempel – Fuest: Erniedrigung

München – Anfang Juli standen Markus Söder und Ursula von der Leyen nebeneinander in Brüssel, und der Gast aus Bayern erklärte wortreich, wie man erfolgreich mit Trump verhandle. „Quick & easy“, schnell und einfach, solle die EU-Kommissionspräsidentin mit den USA dealen, keine meterhohen Aktenstapel, sondern einen eiligen Zoll-Pakt, der das Schlimmste abwendet. Von der Leyen nahm das reglos hin, man wusste nicht genau, ob sie den Ratschlag als Rat oder Schlag verstand. Jetzt, vier Wochen später, fällt auf: Sie hat exakt das befolgt. Quick. Easy. Und was sagt Söder nun?

Kurzfassung: Zufrieden wirkt er nicht. „Hätte schlimmer kommen können“, sagt der CSU-Chef am Montag, 15 Prozent Zoll seien besser als 30. Für von der Leyen packt er aber ein paar verbale Watschn aus: Sie solle jetzt nach diesem Deal ja die Finger von eigenen EU-Steuern lassen. Den „Green Deal“, also die an Klimaschutz orientierte Agenda der letzten Wahlperiode in Europa, brauche man so auch nicht mehr, und überhaupt „weniger Bürokratie-Krempel“, etwa das Lieferkettengesetz.

Besser als eine Eskalation, aber null Begeisterung: Dieser Tenor zieht sich durch alle Reaktionen vor allem aus Bayern. Manche reagieren brummig, etwa Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Er klagt, „dass die Verhandlungsführer schon in den Gesprächen mit den USA nicht viel erreichen konnten“. Aiwanger fordert (wie auch Söder), jetzt national Unternehmenssteuern und Energiepreise zu senken. Und in Brüssel nachzusteuern: „Verbrenner-Verbot und drohende Strafzahlungen für nicht erfüllte Elektroautoquoten müssen weg, genauso wie die Nachhaltigkeitsberichte, das Lieferkettengesetz und das Naturwiederherstellungsgesetz.“

Bayerns wichtigster Wirtschaftsverband, die vbw, betont vor allem, dass es jetzt Planungssicherheit für die Firmen gebe. Glücklich sei niemand mit Zöllen, sagt Bertram Brossardt, der auch Hauptgeschäftsführer der bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände ist, unserer Zeitung. Bayerns Wirtschaft sei stärker betroffen, weil der Exportanteil in die USA mit 13 Prozent höher liege als der Bundesschnitt (10,4). Dauerhafte Zölle sorgten immer für weniger Wachstum. Das werde viele Geschäftsmodelle verändern. Wie viel sich ändere, müsse man aber abwarten, denn vielfach sei die Zollerwartung schon von den Unternehmen eingepreist. Der Wettbewerbsdruck in der Autoindustrie werde „deutlich und dauerhaft“ höher, erwartet Brossardt. Deswegen müssten die Autobauer bei ihren Standortumorganisationen neue Lösungen suchen.

Die Industrie- und Handelskammer in Bayern sieht fachfremde Teile im Zoll-Deal – etwa, dass man die USA auch noch im Bereich der Verteidigung brauche und deshalb jetzt keine Eskalation mit dem Präsidenten ansteuerte. „Trump hatte einen Monsterzoll von 30 Prozent aufgerufen“, sagt IHK-Chef Manfred Gößl. „Für die allermeisten Produkte – einschließlich Autos – ist es die Hälfte geworden. Ein klassischer Kompromiss, den die EU letztlich schlucken musste.“ Er rechnet bundesweit mit einem jährlichen Verlust an Wirtschaftsleistung von 0,15 Prozent. Auf Bayern runtergerechnet: eine Milliarde Euro.

Ifo-Chef Clemens Fuest zeigt sich hoch unzufrieden: „Der asymmetrische Handels-Deal ist eine Demütigung für die EU, aber sie reflektiert die realen Machtverhältnisse.“ Fuest glaubt: „Mehr war nicht drin.“

Im Bund sind die Reaktionen teils emotional. „Diese Demütigung Europas durch die USA muss vor allem Anlass zur Selbstkritik sein“, sagt Junge-Union-Chef Johannes Winkel. „Der Zoll-Deal zu amerikanischen Bedingungen ist ein Offenbarungseid für die EU“, sagt AfD-Chefin Alice Weidel. Trump werde die Schwäche der EU als Einladung begreifen, weiter zu eskalieren, sagt auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge. Sie hatte für eine harte Linie geworben, eben nicht für „quick & easy“, das Söder und auch Kanzler Merz wollten. Dröge wiederum stößt auf scharfe Kritik der Union: Man könne nicht erst „mit den links-grünen Freunden gegen ein Freihandelsabkommen TTIP auf die Straße gehen und sich jetzt über höhere Zölle empören“, sagte der CDU-Abgeordnete Tilman Kuban.CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER UND WOLFGANG HAUSKRECHT

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