Ein Trauerengel soll Kinder trösten

von Redaktion

Stadtbücherei Traunstein und Kirchenvertreter starten Aktion Trostkoffer – Nähcafé wird eingerichtet

Traunstein – Meist ist es ein trauriger Anlass, den sogenannten Trostkoffer ins Haus zu holen: Ein Elternteil, ein Geschwisterkind, die Oma oder der Opa oder ein sonst naher Angehöriger ist gestorben, oder aus der Familie leidet jemand an einer unheilbaren Krankheit, die den baldigen Tod zur Folge hat. Nach einer Idee von Religionslehrerin Steffi Witte und Pastoralreferent Martin Kienast wurde der Koffer in Bischofswiesen im Berchtesgadener Land eingeführt und im Herbst 2022 mit dem zweiten Bonifatiuspreis honoriert. Dort läuft die Aktion inzwischen so gut, dass auch in unserer Region schon zahlreiche Trostkoffer im Umlauf sind. Neben Siegsdorf, Waging, Trostberg, Taching, Freilassing und Bad Reichenhall gibt es auch in Traunstein bald einen Trostkoffer.

Dazu trafen sich Anette Hagenau von der Stadtbücherei, Gemeindereferent Ulrich Englmaier von der Stadtkirche, Notfallseelsorger Philip Moser vom Schulpastoralen Zentrum, Christel Kaa vom Ambulanten Hospizdienst des Caritas-Zentrums und Pfarrerin Hannah von Schroeders von der evangelischen Kirche, die zusammen mit der Jugendstelle, Donum Vitae in Bayern e.V. und der Krisenintervention von Malteser und Rotem Kreuz für den Trostkoffer in Traunstein kooperieren. Ziel dieser großflächigen Kooperation ist es, den Trostkoffer und die damit verbundene Idee möglichst bekannt zu machen.

Im Koffer befindet sich „Charli“, der selbst genähte Trauerengel, der nach jedem Einsatz in der jeweiligen Familie bleibt. Er soll Menschen trösten und ein wenig Halt bieten. „Es gibt Tage, da ist man lustig, ärgerlich, wütend oder traurig – oder alles miteinander. Durch solche Tage musst du nicht allein gehen. Ich bin für dich da“, erklärt „Charli“ in der Anleitung, die zum Koffer gehört.

Für Eltern gibt es ein Begleitschreiben mit vielen Vorschlägen, Kummer zu verarbeiten, weil Kinder anders als Erwachsene trauern. „Eine typische Trauerform gibt es nicht, weder für Erwachsene noch für Kinder“, weiß Ulrich Englmaier, der neben der Stadtkirche auch für die Familienpastoral im Sozialraum verantwortlich ist. So können Kleinkinder die Tragweite von Verlust noch nicht erfassen. Für Kindergartenkinder wechseln sich Leben und Endgültigkeit ab, während sich Grundschulkinder mit der Unsterblichkeit, mit den Geheimnissen von Leben, Tod und der Seele befassen.

Für Jugendliche gewinnen grundsätzliche und philosophische Überlegungen an Bedeutung, erklärt Englmaier, dem die Trauerpastoral ein besonderes Anliegen ist. Der Koffer möchte alle Menschen – egal welcher Religion – Hilfestellung bieten.

Wenn ein Koffer angefordert wird, bestückt ihn Anette Hagenau mit ihrem Team von der Stadtbücherei mit geeigneter Literatur:

„Jede und jeder trauert anders“, sagt Pfarrerin Hannah von Schroeders, „und Trauern kann lange dauern.“ Der Trostkoffer beinhaltet selbstverständlich auch den Hinweis, dass sich Betroffene jederzeit an die Beratungsstellen und Seelsorgenden der Stadt wenden können.

„Damit auch genügend Charlis zur Verfügung stehen, wird am Samstag, 21. September, von 14 bis 18 Uhr im Pfarrsaal St. Oswald ein Nähcafé angeboten. Wenn jemand nähen kann, wäre es gut, wenn er seine Nähmaschine mitbringt. Stoffe und andere Nähmaterialien sind vorhanden und müssen nicht eigens gekauft werden. Aber es gibt auch genügend andere Dinge zu erledigen, wie etwa Haare einziehen, die Puppenkörper stopfen oder das Gesicht aufsticken.

Fragen zum Nähcafé beantwortet sie über die Stadtbücherei Traunstein unter Telefon 0861/164480 oder per E-Mail an info@stadtbuecherei-traunstein.de. Um Anmeldung zur besseren Planung wird gebeten. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite www.trostkoffer.de. Ausgeliehen werden kann der Trostkoffer dann nach dem Nähcafé ab dem 24. September über die Stadtbücherei. Oft wird der Koffer von Nachbarn und Freunden zu den betroffenen Familien gebracht, um ihnen zu zeigen, dass Menschen aus ihrem Umfeld an sie denken und sie in ihrer Trauer zu unterstützen. Dies bietet Anlass für einen Besuch, der vielen trauernden Familien guttun kann, weiß Notfallseelsorger Philip Moser, der den Trostkoffer durch seine Arbeit in der Krisenintervention und am Schulpastoralen Zentrum bekannt machen will.

Artikel 1 von 11