dow jones, dax und co.

Warum die Börsen abstürzen

von Redaktion

von rolf obertreis

Von Hektik oder gar Panik ist im Handelssaal der Frankfurter Börse am Dienstagmorgen nichts zu spüren. Zwar hat der Deutsche Aktienindex Dax zum Handelsbeginn um neun Uhr erneut 3,2 Prozent verloren, nachdem der Dow Jones in New York am Montag den größten absoluten Verlust mit 1600 Punkten im Lauf des Handels überhaupt und am Ende 4,6 Prozent eingebüßt hat und auch die Börsen in Asien mit zum Teil heftigen Verlusten von vier bis fünf Prozent geschlossen haben. Aber gegen Mittag pendelt sich das Minus im Dax bei rund zwei Prozent ein, auch in New York zeichnet sich eine Beruhigung ab. Schließlich geht der Dax bei 12 392,66 Punkten 2,32 Prozent tiefer aus dem Handel.

Beschönigen will die Lage aber niemand. Die Spannung bei den Händlern und bei Analysten auf dem Parkett ist nicht zu leugnen. „Seit dem Rekordhoch vor zwei Wochen hat der Dax in der Spitze zehn Prozent verloren. Das ist heftig“, sagt Oliver Roth, Börsenchef des Bankhauses Oddo Seydler. Am 23. Januar hatte der Index mit knapp 13 600 Zählern ein Allzeit-Hoch erreicht, am Dienstag startete der Dax mit 12 232 Punkten. Es war der niedrigste Stand seit Anfang September vergangenen Jahres. Seit Ende 2017 haben die Kurse im Schnitt fünf Prozent eingebüßt. 2017 hatte der Dax ein deutliches Plus von 12 Prozent verbucht.

Die Entwicklung sei heftig, habe aber nur „Züge von Panik“ gezeigt, sagt Carsten Sommerfeld vom Handelshaus Tradegate. „Es ist gut, dass jetzt Luft raus ist. Das ist eine gesunde Korrektur.“ Angesichts des mittlerweile – nur von kleinen Rückgängen unterbrochenen – neun Jahre währenden Aufschwungs an der Börse, hatte sich bei Anlegern, Investoren und Händlern in den letzten Wochen mehr und mehr ein mulmiges Gefühl breitgemacht. Letztlich sorgte die Furcht vor steigenden Zinsen und der erstarkte Euro für die Kehrtwende an der Börse. „Das sind die Vorboten von Zinserhöhungen der Zentralbanken“, sagt Sommerfeld. Das gilt vor allem für die USA, wo die Fed den Leitzins im März und vermutlich weitere zwei Mal in diesem Jahr erhöhen wird. Aktuell steht der Zins bei 1,5 Prozent. In Europa erwarten dies Volkswirte erst 2019. Hier liegt der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) bei null, der Einlagezins für Banken sogar bei minus 0,4 Prozent. Sommerfeld bewertet den jüngsten Einbruch an der Börse als Signal an die Notenbanken. „Sie sollten den Zins nicht zu schnell erhöhen.“ Robert Halver von der Baader Bank ergänzt, dass sich die Welt hohe Zinsen angesichts der immensen Verschuldung vieler Staaten gar nicht erlauben könne.

Im Vorgriff auf steigende Zinsen haben die Renditen in den letzten Wochen angezogen. Seit Mitte Dezember hat sich die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen auf 0,73 Prozent mehr als verdoppelt, fünfjährige liegen wieder ganz leicht im Plus.

Wie geht es an der Börse weiter? Nicht nur die nächsten Tage werden unruhig werden, das gesamte Börsenjahr dürfte von größerer Unsicherheit geprägt sein als 2017. „Man muss sehen, dass auch die Anleihekurse gefallen sind. Damit werden Anleihen für Großanleger zur Alternative zu Aktien“, sagt Roth. „Wenn Zinsen steigen, gibt es immer einen Trend weg von Aktien.“ Gleichwohl: Die Zuversicht ist nicht verflogen. „Das Umfeld für die Börse ist weiter Weltklasse“, glaubt Sommerfeld mit Blick nicht nur auf Deutschland. „Die Wirtschaft läuft, den Unternehmen geht es super, die Dividenden sind hoch und damit auch die Dividendenrendite.“

Dass kein Anlass zu Panik besteht, lesen Händler und Analysten auch am Goldpreis ab. Das Edelmetall gilt als Krisenwährung. Tatsächlich aber hat sich der Goldpreis in den letzten Tagen nur wenig bewegt. Eine Flucht in Sicherheit habe nicht stattgefunden, heißt es. Der Euro ist gegenüber dem Dollar am Dienstag sogar gefallen, Sparanlagen und Bundesanleihen bleiben wenig attraktiv.

Artikel 2 von 5