Je süßer, desto besser – nur selten wird ein Lebensmittel für seinen Zuckergehalt gelobt. Doch genau auf solch eine ausgeprägte Süße sind die Tester der Stiftung Warentest bei ihrem Balsamico-Test scharf gewesen. Denn sie spricht für einen hohen Traubenmostanteil, der bei der Essigspezialität aus Modena in Italien erst so richtig die Frucht-, Most- und Malzaromen hervorbringt.
Diesem Anspruch wird aber noch nicht einmal jeder zweite Balsamico gerecht, berichtet die Stiftung in ihrer Zeitschrift „test“ (Ausgabe 3/2020). Zwischen den 27 untersuchten Produkten lägen geschmacklich wie preislich Welten.
Auf etwa 1 Milliarde Euro beläuft sich der jährliche Verkaufsumsatz, den die Italiener mit ihrem Aceto Balsamico di Modena machen. Der Exportschlager wird in 120 Ländern vertrieben, auch bei uns ist er beliebt. Im Vortest im Jahr 2011 fanden die Tester allerdings mehrere verfälschte Balsamessige und titelten: „Der große Bluff“. Hat sich die Qualität seither verbessert?
Die Kriterien
Die Echtheit und weitere Kriterien wie Geschmack, Schadstoffe und Zusammensetzung hat die Stiftung Warentest an 19 dunklen Balsamessigen überprüft. Ihr Literpreis liegt zwischen zwei und 120 Euro, unterscheidet sich also um das 60-Fache. Alle nennen sich „Aceto Balsamico di Modena“, sind somit eine geschützte regionale Spezialität. Eine EU-Verordnung schreibt seit 2009 vor, wie sie beschaffen sein muss. Sonderlich streng ist die Verordnung nicht: Sie stellt weder hohe Ansprüche an die sensorischen Eigenschaften noch an den Traubenmostanteil.
Die Tester prüften ebenso acht helle Balsamessige, die sich „Condimento Bianco“ nennen. Sie sind wegen ihres milden, lieblichen Aromas in der Küche beliebt. Für sie gelten geringere Anforderungen.
Der Geschmack
Die größten Unterschiede fanden die Prüfer im Geschmack. Zwischen den 27 Kandidaten liegen sensorisch Welten: Während die meisten Standardware sind, erreichen einige in der Verkostung die Spitzennote 1,0 und sind geschmacklich betrachtet eine Welt für sich. Am besten schnitt der Aceto Balsamico di Modena Invecciato von Guiseppe Cremonini ab. Er kostet allerdings 52 Euro pro Liter. Nur knapp dahinter liegt der Balsamico von Rapunzel (18,00 Euro/Liter), gefolgt von dem Balsamico von Alnatura, der nur 5,40 Euro pro Liter kostet. Insgesamt gibt es elf Gute, darunter teure und günstige Produkte. Die schlechtesten Noten im Test gab es für die Bianchi von Edeka, Lidl und Penny, da ihr Traubenmostanteil gering ausfiel.
Der Zuckergehalt
Je mehr Traubenmost ein Balsamico enthält und je länger er lagert, umso körperreicher, aromatischer und zähflüssiger wird er. Das belegt der Test. Auf dem Etikett der Flaschen ist der Traubenmostanteil nicht vermerkt. Aber er lässt sich am Zuckergehalt ablesen: Je höher dieser ausfällt, umso mehr Traubenmost wurde verwendet.
Der Preis der Guten
Nicht allein der Preis, sondern auch der Anwendungszweck führt zum passenden Produkt. So kosten Edelvarianten zwischen 52 Euro („Giuseppe Cremonini“) und 120 Euro („Giuseppe Giusti“) pro Liter. Diese beiden wurden wie neun weitere Produkte von der Stiftung mit „gut“ bewertet. Allerdings: Die beiden teuren Essige erreichten beim Geschmack die Traumnote 1,0.
Für gerade mal je 1,98 Euro gibt es aber bei Kaufland und Aldi Süd ebenfalls mit „gut“ benotete Tropfen, die durchaus für eine Vinaigrette taugen. Zu den geschmacklichen Spitzenreitern zählen laut den Testern der dunkle Bio-Balsamico von „Rapunzel“ (18 Euro pro Liter) sowie „Alnatura“ mit seinem dunklen und hellen Balsamessig (je 5,40 Euro pro Liter).
Angesichts der enormen Preisunterschiede empfehlen die Warentester, die hochwertigen Modena-Spezialitäten zum Verfeinern von Speisen zu nutzen, zum Beispiel von Parmesan, Desserts, Obstsalat oder Eis. Für ein Salatdressing reiche dagegen durchaus ein Standard-Balsamessig.
Die weniger Guten
Die Balsamici, die mit den Urteilen „befriedigend“ und „ausreichend“ weniger überzeugten, unterteilen sich in zehn dunkle und sechs weiße Sorten. Hauptkritikpunkte der Warentester waren hier ein einseitig saurer Geschmack, Essigester-Geruch, eine mangelhafte Deklaration und ein geringer Traubenmostanteil.
Die Qualität
Erfreut zeigen sich die Tester dagegen über die Qualitätsverbesserung im Vergleich zu einem Test im Jahr 2011. Damals stammten Essig und Zucker nicht immer aus Trauben – dafür gab es im aktuellen Test keine Hinweise mehr. Auch die Mindestsäure von sechs Prozent hielten alle dunklen Balsamici ein – und keiner schmückte sich zu Unrecht mit der geschützten geografischen Herkunftsangabe Aceto Balsamico di Modena.