Börse ignoriert drohende Rezession

von Redaktion

Über den Juli können sich Börsianer und Aktiensparer nicht beschweren. Trotz des anhaltend schwierigen Umfeldes legte der Deutsche Aktienindex Dax um gut fünf Prozent zu und kletterte am letzten Juli-Handelstag zeitweise auf mehr als 13 500 Zähler – ein Niveau, das zuletzt Mitte Juni erreicht worden war. Manch einer reibt sich da verwundert die Augen. Am Freitag verstärkten sich die Befürchtungen von Volkswirten, dass die Wirtschaft weiter abrutscht. „Die Gas-Krise treibt Deutschland wahrscheinlich in die Rezession“, sagt Robert Greil vom Münchner Bankhaus Merck Finck. Angesichts der weiter hohen und in der Eurozone mit fast neun Prozent rekordhohen Inflation – in den baltischen Staaten sogar mehr als 20 Prozent – macht das Gespenst der Stagflation die Runde – also eine stagnierende oder gar schrumpfende Konjunktur, bei steigenden Preisen. Jedenfalls unter Ökonomen. An der Börse anscheinend nicht.

„Paradoxerweise hatten all die schlechten Nachrichten keine negativen Auswirkungen auf die Aktienmärkte“, wundert sich Ulrich Kater, Chef-Volkswirt der DekaBank. Die Ursache sieht er in den guten Ergebnissen der US-Technologie-Unternehmen für das zweite Quartal und deren positive Einschätzungen für das kommende Halbjahr. Allerdings schränkt Kater auch ein: „Für Aktien bedeutet dies jedoch solange keine Entwarnung, wie sich nicht neue Silberstreifen am Konjunkturhorizont zeigen.“ Bremsender Faktor sind auch die Zentralbanken. Die US-Notenbank Fed hat erneut mit 0,75 Punkten einen großen Schritt beim Leitzins vollzogen. Sören Hettler von der DZ Bank sieht eine willkommene Abwechslung durch die laufende Berichtssaison. Es gebe zwar Licht und Schatten. „Aber insgesamt präsentieren die Unternehmen solide Geschäftszahlen.“

Die Lage bleibe aber schwierig. Immerhin traut er dem Dax zum Jahresende sogar 14 500 Punkte zu. Das wäre aus heutiger Sicht ein stolzes Plus von rund acht Prozent. Spar- und Anleihezinsen jedenfalls sind weiter keine wirkliche Alternative. Auch wenn Banken und Sparkassen steigende Zinsen versprechen, bleiben sie knauserig. Nach Angaben des Finanzportals FMH bringt Tagesgeld im Schnitt weiter nur 0,03 und in der Spitze 0,45 Prozent. Für einjähriges Festgeld werden durchschnittlich 0,38, im besten Fall 1,35 Prozent geboten. Zieht man die Inflation von zuletzt 7,5 Prozent ab, verlieren Sparer unter dem Strich weiter viel Geld. ROLF OBERTREIS

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