Ab August müssen Banken und Berater ihre Kunden auch über Nachhaltigkeitsaspekte bei der Geldanlage informieren. Die bisherige Erfahrung mit Beratungspflichten zeigt aber, dass man sich nicht darauf verlassen sollte, dass die Beratung objektiv und wirklich im Sinne des Kunden abläuft. Viel zu oft werden von Banken und Sparkassen weiter die Hausprodukte statt die passendsten Produkte verkauft. Außerdem ist Nachhaltigkeit nicht für jeden Berater ein Herzensthema. Doch wie finden umweltbewusste Anleger, die mit ihrem Geld Gutes bewirken wollen, selbst wirklich nachhaltige Anlageprodukte? Angesichts der Masse von über 4000 als nachhaltig deklarierten Fonds und ETF genannten Indexfonds ist das gar nicht so leicht, zumal sich unter ihnen viele Mogelpackungen befinden und neue EU-Regeln schon bald sogar Investitionen in Gas und Atomkraft als „grün“ durchgehen lassen.
An was erkennt man nachhaltige Fonds und ETFs?
Nachhaltige Finanzprodukte tragen ihren Anspruch häufig stolz im Namen. Man erkennt sie meist an den Zusätzen „Öko“, „Umwelt“, „Klima“ oder dem Kürzel „ESG“, das für die englischen Begriffe für Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung steht. Daneben müssen Anlageprodukte wegen einer Verordnung der EU seit 2021 offenlegen, ob sie nachhaltige Ziele verfolgen. Die meisten grünen Fonds sind nach Artikel 8 deklariert. Sie müssen nur Mindeststandards erfüllen und einzelne Branchen ausschließen, etwa Waffen, Atomkraft, Tabak, Alkohol, Gentechnik oder Kohle. Die strikteren Fonds nach Artikel 9 haben ebenfalls Ausschlusskriterien, müssen darüber hinaus aber auch in Unternehmen investieren, die Umwelt und Gesellschaft dienen, etwa aus den Bereichen Erneuerbare Energien oder Umwelttechnik. Sie sind deshalb fast immer die bessere Wahl. Wie ein Fonds eingestuft ist, steht auf den Webseiten der Anbieter.
Gibt es Greenwashing bei nachhaltigen Produkten?
Klares Ja. Vor allem Artikel-8-Fonds bieten Hintertüren. Prominentes Beispiel: Der ETF mit dem sperrigen Namen MSCI Europe Energy ESG Screened von der DWS-Tochter Xtrackers. Anders als der Name suggeriert, wird hier nicht in umweltfreundliche Wind- oder Solarfirmen investiert, sondern in Ölaktien wie Total, Eni oder BP. Trotzdem ist der ETF als nachhaltig eingestuft, weil er dezidiert Waffenhersteller ausschließt, die aber in einem Energie-ETF ohnehin nichts zu suchen haben. Immerhin wird auch Fracking geächtet, das spielt in Europa aber sowieso keine Rolle. Angesichts dieser dreisten Mogelpackung ist es wohl kein Zufall, dass bei der DWS die Greenwashing-Vorwürfe besonders laut sind. Doch auch viele andere Gesellschaften stellen ihre Produkte gerne nachhaltiger dar als sie es in Wahrheit wirklich sind. So zeigte im Dezember 2021 eine Studie von „Finanzwende“, dass viele als nachhaltig deklarierte Fonds in den Bereich fossile Energien investieren. Und die Ratingagentur Scope wies vor wenigen Tagen nach, dass grüne Fonds häufig exakt die selben Aktien kaufen wie konventionelle Produkte.
Gibt es Bewertungen für nachhaltige Fonds?
Es gibt jede Menge Bewertungen. Beispielsweise vergeben Ratingagenturen Punkte für Nachhaltigkeit. Bei Morningstar sind es Weltkugeln, bei ISS ESG Sterne, bei Climetrics Blätter. Bei allen gilt: Je mehr, desto besser. Die Ratings sind eine erste Orientierungshilfe, allerdings werden sie alle auf unterschiedlicher Grundlage berechnet, sodass die Ergebnisse zum Teil stark voneinander abweichen. Da Fondsgesellschaften die Ratings nur dann für Werbung nutzen dürfen, wenn sie dafür bezahlen, suchen sie sich meist einfach jenen Anbieter aus, bei dem sie die besten Ergebnisse erzielen. Ein in der Branche anerkanntes Siegel vergibt außerdem der Fachverband Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Um das FNG-Siegel zu erhalten, müssen bei den Investitionen Arbeits- und Menschenrechte geachtet, kritische Branchen wie Rüstung, Kohle und Atomkraft geächtet, Mindeststandards beim Umweltschutz eingehalten und Transparenzkriterien erfüllt werden.
Gibt es auch nachhaltige Indexfonds (ETFs)?
Es gibt auch nachhaltige Indexfonds, kurz ETFs. Anders als bei aktiv gemanagten Fonds, wo ein Fondsmanager einzelne Wertpapiere auswählt, wird hier in komplette Indizes investiert. Das spart Aufwand und damit Gebühren. Echte Gewissensentscheidungen sind damit jedoch nicht möglich. Dennoch gibt es nachhaltige Varianten solcher Indizes, bei denen umstrittene Branchen und Unternehmen ausgeschlossen werden. Besonders streng sind dabei sogenannte SRI-Indizes, die von Atomkraft über Waffen bis zu Tabak und Alkohol so gut wie alle kritischen Geschäftsbereiche ächten. Weil selbst in den verbleibenden Branchen Unternehmen mit schlechten Umweltkennzahlen konsequent ausgesiebt werden, schafft es aus dem globalen Aktienindex MSCI World zum Beispiel nur etwa ein Viertel in den entsprechenden SRI-ETF. Weniger streng sind ESG-ETFs. Bei ESG-Screened ETF werden im MSCI World nicht einmal zehn Prozent der Unternehmen ausgeschlossen.
Wie sieht man, was wirklich im Produkt steckt?
Das Problem mit nachhaltiger Geldanlage: Fast jeder hat eine andere Vorstellung davon, was Nachhaltigkeit bedeutet. Für die einen gelten Waffen oder Atomkraft als rote Linie, andere finden hingegen Gentechnik oder Alkohol problematisch. Wieder andere wollen mit nichts davon Geld verdienen. Überzeugungstätern bleibt deshalb der genaue Blick in die Produkte nicht erspart. Im ersten Schritt sollte man sich über die jeweilige Anlagestrategie oder die Ausschlüsse informieren. Das geht über die Webseiten der Anbieter, außerdem bietet auch die FNG-Webseite gut aufgeschlüsselte Profile für viele einschlägige Fonds. Zudem kann man sich mithilfe der Datenbank Faire Fonds (www.faire-fonds.info) informieren, ob ein Fonds in umstrittene Unternehmen investiert.
Lässt schon der Anbieter erste Rückschlüsse zu?
Wer sicher sein will, dass sein Fondsanbieter nicht nur auf der Nachhaltigkeitswelle mitschwimmt, sollte zu Produkten spezieller Nischenanbieter greifen. Die haben oft einen kirchlichen Hintergrund oder sind seit Jahren etablierte Boutiquen, die nur nachhaltige Produkte verkaufen. Das heißt aber nicht, dass die „grünen“ Fonds großer Anbieter wie Blackrock automatisch Mogelpackungen sind. Auch sie können einzelne überzeugende Produkte im Sortiment haben. Trotzdem: Nachhaltigkeitskriterien hier besser genau prüfen.