Wer erbt das Sparbuch?

von Redaktion

Brigitte D.: „Meine Mutter war in zweiter Ehe verheiratet, mein Stiefvater ist zuerst verstorben, drei Wochen später meine Mutter.

Es ist ein Haus vorhanden, das der Sohn vom Stiefvater überschrieben bekommen hat. Mein Bruder und ich wurden ausbezahlt, soweit ist alles klar.

Mein Bruder und ich wurden vom Erbe ausgeschlossen, der Sohn vom Stiefvater ist Alleinerbe. Meine Mutter hat vor vielen Jahren für meinen Bruder ein

Sparbuch angelegt, ausgestellt auf seinen Namen. Meine Mutter war in dem Glauben , dass wir mit dem Totenschein zur Bank gehen sollten, und dann würde mein Bruder Zugriff auf das Sparkonto haben.

Leider mussten wir feststellen, dass dem nicht so ist. Deshalb habe ich folgende Frage. Nachdem der Stiefbruder der alleinige Erbe ist, fällt ihm auch dieses Sparbuch, das auf den Namen meines Bruders ausgestellt ist, zu? Und was ist mit den anderen Konten meiner Mutter?“

Wem steht das Guthaben auf einem Sparkonto zu, wenn sich das Sparbuch im Besitz einer anderen Person als dem Kontoinhaber befindet? Für ein Sparbuch gilt nach § 808 BGB, dass die in der Urkunde versprochene Leistung an jedweden schuldbefreiend bewirkt werden „kann“ (nicht muss), der das Sparbuch im Original vorlegt, auch wenn er nicht der Kontoinhaber ist. Die Bank sieht sich beim Sparbuch also zwei möglichen Gläubigern gegenüber, dem Kontoinhaber und dem Sparbuchbesitzer. Deshalb sind die Banken bei der Auszahlung äußerst vorsichtig und verlangen im Zweifel die Klärung, wem das Recht auf Auszahlung zusteht.

Dieses Dilemma besteht auch in Ihrem Fall, da die Mutter ein Sparbuch auf den Namen Ihres Bruders angelegt hat, ohne das Sparbuch aus der Hand zu geben. Dadurch hat sie sich als Inhaberin des Sparbuchs das Verfügungsrecht vorbehalten. Auch Ihr Stiefbruder, dem als Erben alle anderen Konten zustehen, könnte bei Vorlage des Originalsparbuchs die Auszahlung verlangen.

Die Rechtsprechung geht nur primär von der Vermutung aus, dass dem eingetragenen Kontoinhaber die tatsächliche Berechtigung zusteht. Maßgebend können auch viele andere Umstände sein, so etwa, ob und wann demjenigen, auf dessen Namen das Konto angelegt wurde, die Existenz des Sparbuches mitgeteilt wurde; ob es sich bei dem begünstigten Kontoinhaber um ein Kind, ein Enkelkind oder einen sonstigen Dritten handelt; auch das Motiv, warum das Sparbuch angelegt wurde, kann entscheidend sein. Diese Aufzählung ist nicht erschöpfend.

Ihre Schilderung verstehen wir dahingehend, dass Ihre Mutter das Sparbuch deshalb auf den Namen Ihres Bruders angelegt hat, um ihm einen Ausgleich dafür zu gewähren, dass er im Testament enterbt wurde. Wenn sich dieses Motiv – ggf. durch Zeugenbeweis – nachweisen lässt, so sollte es sehr wahrscheinlich sein, dass das Kontoguthaben Ihrem Bruder zusteht. Um von der Bank die Auszahlung zu erlangen, muss er vom Erben (Stiefbruder) die Herausgabe des Sparbuchs verlangen.

Der Erbe muss zumindest der Auszahlung an Ihren Bruder zustimmen.

Man merke: Wer ein Sparbuch auf den Namen eines Dritten anlegt, sollte gleichzeitig klarstellen, wem das Kontoguthaben nach seinem Versterben wirtschaftlich zusteht.

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