DIE BÖRSENWOCHE

Störung jederzeit möglich

von Redaktion

Auch in den letzten Tagen richteten sich die Blicke an den weltweiten Börsen auf die US-Politik. Zwar gab es vonseiten des Handelskonflikts überwiegend Entspannungssignale – zwischen China und den USA werden einzelne Handelserleichterungen wahrscheinlicher. Dafür sorgte aber Präsident Donald Trump mit einer verbalen Attacke gegen den Chef der US-Notenbank Jerome Powell für Unruhe. Im Raum stand eine sofortige Entlassung des in Trumps Augen unfähigen Notenbankers, die allerdings unter Einhaltung gesetzlicher Vorschriften kaum möglich wäre. Trotzdem wird durch derlei Aussagen die Stabilität der amerikanischen Verfassung, von US-Institutionen insgesamt und damit der Status des US-Dollar als sicherer Hafen der Kapitalanlage infrage gestellt. Entsprechend gaben Aktiennotierungen und der Wechselkurs des Dollar am Anfang der Woche deutlich nach, während die alternative Krisenwährung Gold neue Höchstkurse bei 3500 Dollar erreichte. Trump reagierte wie gewohnt flexibel, wollte kurze Zeit später nichts mehr von einer Entlassung Powells wissen und an den Börsen kehrte Beruhigung ein.

Das Hin und Her zwischen kurs- und stimmungsbelastenden Aussagen und folgenden Relativierungen durch die Politik in den USA dürfte uns vorerst weiter begleiten und die Prognosefähigkeit von volkswirtschaftlichen und Kapitalmarktentwicklungen deutlich erschweren. Viele Unternehmen äußern sich unter Verweis auf die fehlende politische Planbarkeit derzeit nur vage zu ihren künftigen Geschäftsaussichten.

Die negativen Auswirkungen verdeutlichte auch der ifo-Geschäftsklimaindex, der zwar überraschend leicht zulegen konnte, aber weiterhin auf niedrigem Niveau verharrt. Vor allem in der Industrie und bei industrienahen Dienstleistern, wie beispielsweise Logistikunternehmen, überwogen erneut die unsicheren Geschäftsaussichten. Passend dazu senkten sowohl der Internationale Währungsfonds (IWF) als auch das Bundeswirtschaftsministerium ihre Wachstumsprognosen für Deutschland im laufenden Jahr auf null. Der IWF rechnet zudem nur noch mit einem globalen Wachstum von 2,8 Prozent, nachdem im Januar noch 3,3 Prozent veranschlagt wurden.

In der kommenden Woche werden vorläufige April-Inflationsdaten für die Eurozone veröffentlicht. Angesichts der deutlich gesunkenen Rohölpreise und aufgrund des festeren Euro, der den Einkauf von in US-Dollar gehandelten Waren billiger macht, dürfte der Teuerungsdruck nachlassen. Die Inflation könnte daher das Zielniveau der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent kurzfristig erreichen, womit eine weitere Leitzinssenkung Anfang Juni wahrscheinlicher wird.

In den USA hingegen steht der monatliche Arbeitsmarktbericht auf der Agenda. Sollte die Arbeitslosigkeit weiterhin niedrig bleiben, wäre eine zeitnahe Zinsanpassung der Fed nicht zu erwarten. Die gerade abgeklungene Eskalation mit Donald Trump könnte somit Anfang Mai im Zuge des nächsten Fed-Zinsentscheids wieder aufflammen. Bis dahin stehen die Chancen für eine sukzessive Stabilisierung an den internationalen Kapitalmärkten gut – vorbehaltlich jederzeit möglicher Störungen durch die US-Politik.

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