Die Rechte der Bahnkunden

von Redaktion

Ab einer Stunde Verspätung können Reisende Entschädigung bekommen. Auf jeden Fall haben sie Anspruch auf Verpflegung. © KIRILL KUDRYAVTSEV, afp

Der Zug hat Verspätung, weil stürmisches Herbstwetter den Verkehr ausbremste? Oder gab‘s einen anderen Grund? Ärgerlich. Doch der Bahnkunde ist nicht rechtlos.

■ Entschädigung

Eine Entschädigung gibt es dann, wenn der Zug mindestens eine Stunde später als geplant ankommt. Dann stehen Kunden in der Regel Geldzahlungen in der Höhe von 25 Prozent des Ticketpreises zu. Kommt der Zug mindestens zwei Stunden später an, kann die Hälfte des ursprünglichen Preises eingefordert werden. Allerdings, so die Verbraucherzentrale, immer nur dann, wenn der zu erstattende Betrag mindestens vier Euro beträgt.

■ Geld zurück

Alternativ können Kunden in solchen Fällen – wie auch bei einem Zugausfall – auf die Beförderung verzichten und den vollen Ticketpreis zurückfordern. Voraussetzung: Es ist vorher absehbar, dass die Verspätung am Zielort mindestens 60 Minuten beträgt. Reisende können dann auch unterwegs ihre Reise abbrechen, sich die restliche Strecke auszahlen lassen oder kostenlos zum Startbahnhof zurückkehren und den Preis komplett einfordern.

■ Beweise sammeln

Wichtig: Möglichst viele Informationen über Ausfälle, Veränderungen oder Verspätungen dokumentieren. Etwa über Screenshots in der Bahn-App, Fotos von Anzeigetafeln, oder indem man sich entsprechende Verspätungen vom Bahnpersonal bestätigen lässt. Dazu rät Markus Hagge, Rechtsexperte bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Auch wenn man laut Deutscher Bahn zur Geltendmachung von Fahrgastrechteansprüchen keine Verspätungsbescheinigung benötigt. Dennoch ist man mit eigenen Nachweisen im Zweifel auf der sicheren Seite.

■ Fristen

Für das Einreichen der Beschwerde hat man drei Monate Zeit – man kann das entweder in der Navigator-App der DB, online über die Bahn-Website oder über das Fahrgastrechte-Formular machen.

■ Notfälle

Einen Haken gibt es aber in Bezug auf die Entschädigungen. Denn seit Juni 2023 ist eine Neufassung der betreffenden EU-Verordnung in Kraft. Seither ist es vereinfacht gesagt so, dass der Anspruch auf Entschädigung entfällt, wenn Verspätung oder Ausfall aufgrund sogenannter außergewöhnlicher Umstände eingetreten sind, die nicht im Einflussbereich des Bahnunternehmens liegen. Darunter können fallen:

Allerdings: Normale jahreszeitlich bedingte Witterungsbedingungen wie Herbststürme sind laut den Verbraucherschützern nicht mit den außergewöhnlichen Umständen gemeint. Allerdings kann das in Grenzfällen auch anders ausfallen. Etwa, wenn sich daraus ein Katastrophenfall entwickelt. „Die Bahn könnte in Grenzfällen versuchen, so zu argumentieren“, sagt Rechtsexperte Markus Hagge. Wenn das eigene Personal streikt, kann sich die Bahn nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen.

■ Weitere Fahrgastrechte

Aber selbst wenn außergewöhnliche Umstände im Einzelfall eintreten würden, die für das Bahnunternehmen unvermeidbar waren: Dies betrifft dann nur die Entschädigungsansprüche. Nicht betroffen davon sind die weiteren Rechte der Reisenden – denn den Weitertransport und die Versorgung der Reisenden müssen Anbieter wie die Bahn immer aufrechterhalten.

Die Bahn muss beispielsweise innerhalb von 100 Minuten nach der planmäßigen Abfahrt über Möglichkeiten zur Weiterreise informieren, wenn ein Zug sich verspätet oder ausfällt. In manchen Fällen muss die Bahn auch Hotel- und Taxikosten übernehmen. Etwa, wenn man am späten Abend an einem Bahnhof strandet und von der Bahn kein eigener Ersatzverkehr organisiert wird.

Auch Essen und Getränke müssen ab 60 Minuten im angemessenen Verhältnis zur Wartezeit kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Das gilt laut ADAC aber nur, wenn dies im Zug oder Bahnhof organisierbar sei. Denn die zugrunde liegende EU-Verordnung bleibt in puncto Mahlzeiten und Erfrischungen vage.

■ Taxi und Hotel

Wer planmäßig zwischen 0.00 Uhr und 5.00 Uhr ankommen sollte und bei einer zu erwartenden Verspätung von mindestens 60 Minuten am Zielbahnhof vorher gestrandet ist, darf mit dem Taxi weiterfahren. Die Kosten darf man sich erstatten lassen – bis zu einer Höhe von 120 Euro.

Das gilt auch dann, wenn man den Zielbahnhof nicht bis 24.00 Uhr erreichen konnte, ohne ein anderes Verkehrsmittel zu nehmen.

Wer aber die Fahrt aus den genannten Gründen nicht am selben Tag fortsetzen konnte oder für wen die Weiterreise am selben Tag nicht zumutbar sei, bekomme angemessene Übernachtungskosten erstattet, so die Verbraucherschützer. Wenn das Eisenbahnunternehmen eigene Alternativen zum Weitertransport zur Verfügung stellt und das in deren Geschäftsbedingungen (AGB) auch so ausformuliert, haben diese laut Markus Hagge Vorrang vor der genannten selbst organisierten Weiterreise.

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