DIE BÖRSENWOCHE

Raten ohne Daten

von Redaktion

In den USA sind aufgrund des Shutdowns mehrere hunderttausend Bundesbedienstete seit Wochen beurlaubt und erhalten keine Gehälter. Da sich die Demokraten und Republikaner im Parlament immer noch nicht auf einen neuen Haushalt einigen können, sind nicht sicherheitsrelevante Einrichtungen geschlossen, wie etwa Museen oder Nationalparks. Das mag für Angestellte und Touristen unschön sein, für die US-Konjunktur hingegen ist es unerheblich. Ist der längste Shutdown der US-Geschichte also nur eine kleine Randnotiz für die Kapitalmärkte?

Mitnichten, denn es sind auch amtliche Statistikbehörden geschlossen und so fehlen wichtige Konjunkturindikatoren für die Produktion, vom Arbeitsmarkt und zur Inflationsentwicklung. Dieser Datenblindflug führt dazu, dass die bislang fest erwartete nächste Zinssenkung der US-Notenbank Fed im Dezember wackelt. Ohne Daten lässt sich wohl nur raten, wann und wie sich der Leitzinssenkungszyklus in den USA fortsetzt. Mithin herrscht Unsicherheit, wodurch sich in den vergangenen Tagen die Renditen von US-Staatsanleihen erhöhten und die Aktienmärkte tatsächlich Shutdown-bedingt nachgaben.

Ganz geschlossen ist die Tür für eine US-Leitzinssenkung im Dezember freilich nicht. Denn einzelne privat erhobene Konjunkturdaten weisen auf eine schwächere Arbeitsmarktentwicklung in den USA hin. Dies haben die Marktteilnehmer im Wochenverlauf nicht mehr ignorieren mögen. Gewinnmitnahmen belasteten die Börsen überdies. In der bislang grundsätzlich gut verlaufenen Berichtssaison ließ sich auch noch das ein oder andere Haar in der Suppe der Unternehmen finden. Auch die Staatsanleiherenditen gaben gegen Ende der Woche wieder etwas nach. Um das Bild abzurunden sei erwähnt, dass auch US-Dollar und etwas unerwartet auch Gold und Bitcoin schwächelten. Ohne die wichtigsten US-Daten fehlen den Finanzmarktteilnehmern Informationen für belastbare neue Markttrends.

Nennenswerte Klarheit über die Lage in Deutschland dürften die zur Veröffentlichung anstehenden Konjunkturdaten der neuen Kalenderwoche kaum hervorbringen. Stimmungsindikatoren wie die ZEW-Umfrage bei Finanzmarktanalysten mögen für Deutschland und Euroland zwar etwas besser ausgefallen sein, aber keine neue konjunkturelle Fantasie auslösen. Die Berichtsaison der Unternehmen ist so weit fortgeschritten, dass von dieser Seite wenig Impulse für die Aktienmärkte zu erwarten sind.

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