Dem Krieg ist nichts heilig

von Redaktion

Premiere des Stücks „Djihad“ von Ismaël Saidi im Theater Wasserburg

Wasserburg – Einen interessanten und auch beängstigen Einblick in die Psyche dreier „Gotteskrieger“ bot das Stück „Djihad“ am Theater Wasserburg. Die tragische Groteske erzählt deren Odyssee auf ihrer Reise in den Krieg nach Syrien. Zugleich geht das Stück der Frage nach, wie sich Radikalisierungsprozesse junger Muslime in einer westlichen Wertegesellschaft verhindern lassen.

„Djihad“ ist das dritte Theaterstück von Ismaël Saidi. Er ist gebürtiger Belgier mit marokkanischen Wurzeln. Als Autor und Regisseur für Kino, Fernsehen und Theater hat sich der Sozialwissenschaftler einen Namen gemacht. Mittlerweile wurde „Djihad“ von über 50000 Zuschauern gesehen. Frank Piotraschke hat die zeitgenössische Parabel für das Kinder- und Jugendtheater am Theater Wasserburg inszeniert und dabei eine großartige Regiearbeit geleistet, die Jugendliche wie Erwachsene gleichermaßen begeistern dürfte.

Eigentlich wären Reda, Ben und Ismaël drei ganz normale junge Belgier. Reda trinkt schon mal zu viel, Ben verehrt den King of Rock‘n‘Roll und Ismaël ist ein talentierter Zeichner. Aber als Muslime sind ihre Vorlieben für westliche Kultur mit dem Koran nicht gerade kompatibel. Zuhause in Belgien fühlen sie sich gescheitert, sind umgeben von Trostlosigkeit und Zukunftsangst. Religiöse islamische Gebote und Normen hingegen vermitteln ihnen Halt. Durch islamistische Imame ideologisch überhitzt, glauben die jungen Männer, ihre persönliche Erfüllung im für sie Heiligen Krieg zu finden. Also beschließt das Trio, nach Syrien zu ziehen: „Es wird ganz dringend Zeit, dass wir ein paar Ungläubige umbringen, und koste es auch das eigene Leben.“

Grandiose Leistung der Schauspieler

Die schauspielerische Leistung der drei Darsteller bei der Premiere war grandios. Patrick Brenner spielte Ben. Er ist ein glühender Elvis-Fan, der sogar nach Graceland pilgerte, bis ihm bewusst wurde, dass Elvis mit Aaron einen zweiten jüdischen Vornamen trägt. Reda wurde dargestellt von Julian Brodacz. Er konvertierte wegen der Liebe zum Islam. Der Besonnenste und zugleich Radikalste aber ist Ismaël, gespielt von Mike Sobotka. Zu Beginn stolpern die drei Gotteskrieger wie in einer Sitcom durch die Inszenierung. Streitereien zu Themen wie den Reisekosten nach Syrien, „nur ja nicht auffallen am Flughafen“ oder über das Gepäck, was man als Dschihadist in Syrien braucht, zeigen die Banalitäten rund um ihr Vorhaben. Dafür ist dann die Konfrontation mit Tod und Verderben im Angesicht des Krieges umso härter,, denn in Syrien angekommen stellen sie ziemlich schnell fest, dass der Dschihad keineswegs so ehrenvoll ist, wie vorher romantisch gedacht. Stattdessen schlägt ihnen das Grauen mit voller Wucht entgegen: Reda, Ben und Ismaël müssen erkennen, dass dem Krieg nichts heilig ist und dass er seine Opfer fordert. In einer Kirche, die von Drohnen angegriffen wird, klärt sich schließlich die Geschichte, warum Reda, Ben und Ismaël zu Gotteskriegern wurden. Doch für eine Umkehr ist es nun zu spät.

Belastbare Zahlen existieren nicht. Sicherheitsbehörden gehen aber davon aus, das über 1000 Islamisten aus Deutschland nach Syrien gezogen sind. In anderen europäischen Ländern dürfte die Situation ähnlich sein. Schon deshalb ist das Stück hochaktuell, das die Psychodynamik der Radikalisierungsmechanismen verständlich aufzeigt. „Djihad“ von Ismaël Saidi lehrt aber auch, dass sinnvolle Integrationsbemühungen an erster Stelle stehen müssen, wenn islamistische Einflussmechanismen verhindert werden sollen. Ebenso zeigt es aber auch, dass eine falsch verstandene Toleranz gegenüber radikaler Strukturen wenig hilfreich ist.

Weitere Aufführungen

Weitere öffentliche Spieltermine sind am Freitag, 23., und Sonntag, 25. Februar. Beginn ist am Freitag um 20 Uhr, am Sonntag um 19 Uhr. Für Schulen gibt es Vormittagsvorstellungen unter der Woche. Anfragen dazu direkt an Frank Piotraschke, E-Mail: piotraschke@theaterwasserburg.de. Karten gibt es im Internet über www.theaterwasserburg.de und im Vorverkauf bei der Buchhandlung Fabula und bei Versandprofi Gartner in Wasserburg, beim Kulturpunkt Isen-Taufkirchen und im Kroiss Ticketzentrum Rosenheim.

Artikel 3 von 7