Rosenheim – Schon beim ersten Geigenbogenstrich fliegen die Bogenhaare: So überfallartig-temperamentvoll legen die vier jungen Damen los, die sich „Salut Salon“ nennen und schon einen „Echo-Klassik“-Preis eingeheimst haben. Anfangs in Rottöne gewandet, nach der Pause alle in Schwarz, so rocken sie die Klassik, mischen sie mit Jazz, deutscher und russischer Volksmusik, Schlager, Chansons und Filmmusik samt Puppenspiel zu einer perfekt durchgestalteten und rasant ablaufenden Revue zum Thema Liebe.
Das Rosenheimer Kultur- und Kongresszentrum ist nur zu einem guten Drittel gefüllt, aber diese Zuschauer werden aufs Beste unterhalten, lassen sich nur zu gerne anstecken vom Temperament, von der Lebensfreude der sich hervorragend selbstbewusst präsentierenden jungen Damen, von der lustigen Show mit vollem Körpereinsatz, vor allem aber auch von der lässig-perfekten instrumentalen Perfektion.
Am Klavier sitzt Olga Shkrygunova, die unermüdlich stilsicher und mit rhythmischen Feuer alles begleitet und zwischendurch mit rauchig-russischem Akzent erzählt, wie man in Russland Liebeskummer bekämpft: mit viel Trinken und viel Tanzen. Am Cello sitzt Sonja Lena Schmidt, die ihren Cellostachel auch schon mal als Mordinstrument benützt, Geige spielen Meta Hüper und Angelika Bachmann, die Gründerin dieses Ensembles.
Das Thema Liebe wird humorvoll durch alle Lebens- und Tonarten durchgespielt, mit bissigen Lebensweisheiten gewürzt („Bester Garant der Einsamkeit ist die Ehe!“), vom „wiegenden Wahnsinn im Dreiertakt“ der „Follia“, dem Liebeswahn-Motiv aus dem Barock bis zum Liebesmord, einem furiosen musikalischen Durchmarsch durch alle Krimi-Musik-Motive, und bis zur Frage „What’s Love?“, eine Frage, die sich nicht nur Marianne Rosenberg und die Beatles stellen und die von Bob Dylan beantwortet wird: „The answer is blowing in the wind.“
Zwischendurch streiten sie sich instrumental mit Prokofjew und morden sich mit Cellostachel, Geigenboge-Gewürge und Schüssen, bis die Leiche raucht.
Eine rauschende Mischung aus „russischer Seele und Wiener-Walzer-Seligkeit“, wie Olga sagt, ist „Valse-Fantaisie“ von Michail Glinka, überaus lustig ist die „Barcarole“ von Jacques Offenbach mit zwei singenden Sägen, anrührend ist das polnische Chanson „Tabakiera“, in der die Geigerin Meta mit sinnlich-hauchender Stimme das Ende einer Liebe besingt, von der nur eine Zigarettendose bleibt.
20 Millionen Klicks
auf Youtube
Die erste Zugabe ist ein auf Youtube schon über 22 Millionen Mal angeklickter Hit von Salut Salon: Vivaldis „Sommer“ als instrumental-stürmischer Wettstreit in allen unmöglichen Körperhaltungen. So unpathetisch-frech kann man mit Klassik umgehen und so frisch wirkt Klassik dann aber auch.