Bach überstrahlt alle

von Redaktion

Herrenchiemsee Festspiele Zweiter Abend des Festivals mit Concerti grossi in Münster von Frauenchiemsee

Chiemsee – Der zweite Abend der Herrenchiemsee-Festspiele trug den Titel „Virtuosen am Hofe“, gespielt wurde aber in der Kirche auf Frauenchiemsee. Die selige Irmengard hinter den Musikern auf dem Altarbild wird’s trotzdem gefreut haben, schließlich ist Musik, auch höfische Musik, eine Gottesgabe. Und gottgefällig, wenn nicht sogar gottbegeisternd spielten die Musiker des Concerto Köln ja wirklich. Auf dem Programm standen vor allem Konzerte von Bach, dazu noch zwei andere Concerti grossi.

Als wollten die Musiker beweisen, dass auch Felice Dall‘ Abaco (1675 bis 1742) und Giovanni Battista Sammartini (1700 bis 1775) mit Bach mithalten können, gingen sie mit forscher Attacke heran. Wirbelnd, prickelnd und sprudelnd erklang da in festlichem Rausch das „Concerto à piu istrumenti Nr. 6“ von Dell‘ Abaco, der lange Konzertmeister am kurfürstlich-bayerischen Hof war. Im Gedächtnis bleibt der dritte Satz, eine „Ciaconna: Allegro e spiccato“, deren Bass-Thema deutlich ausgespielt wurde und die durch das „Spiccato“ der Streicher rhythmischen Reiz bekam.

Besonnte Heiterkeit und ein abschließender Presto-Sturm dominierten die „Sinfonia A-Dur“ von Sammartini, in der die Musiker vom eigenen Schwung selbst hingerissen schienen und sich dabei immer wieder zulächelten. Einen erlesen elegischen Rokoko-Schmelz hatte der Adagio-Zwischensatz.

Doch Bach überstrahlt alles. Hier zeigten die Musiker des Orchesters, dass sie alle auch herausragende Solisten sind. Der junge Konzertmeister setzte scharfe Akzente in Bachs (von Bach als Cembalokonzert geschrieben, hier für Violine rekonstruiert) Violinkonzert d-Moll BWV 1052 und brachte das Kunststück fertig, sich in den Orchesterklang einzubetten und gleichzeitig daraus herauszustrahlen, seine enorme Virtuosität wirkte völlig natürlich, dem Adagio verlieh er spirituelle Tiefe und spannungsvolle Ruhe.

Die hohe Kunst des Ensemble-Spiels, also des Miteinanders und nicht des Gegeneinanders, zeigte Concerto Köln dann in den beiden Brandenburgischen Konzerten. Hier gab’s keinen Geschwindigkeitsrausch mehr, sondern beschwingte Festlichkeit. Im Konzert Nr. 5 trillerten die Musiker sogar melodisch, der Kontrabass kam in der Gigue ins Tanzen, Cembalo, Flöte und Violine überwältigten mit Delikatesse und duftiger Dezenz.

Als dann im Konzert Nr. 2 die engmensurierte barocke Langtrompete dazu juchzte und die phänomenal gute Oboe sich darein mischte und allen Musikern die Spielfreude aus den Gesichtern leuchtete, war des Jubelns im fast vollen Frauenmünster fast kein Ende mehr. So gewährte der Flötist gerne noch als Zugabe die quirlige „Badinerie“ aus der Bach’schen Orchestersuite Nr. 2.

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