Seeon – Die im Frühjahr 2020 eröffnete Ausstellung im Kultur- und Bildungszentrum Kloster Seeon „Angerer der Jüngere: Gemälde – Skulpturen – Fraßbilder“ musste damals pandemiebedingt schon kurz darauf wieder schließen. Nun kann sie bis einschließlich Sonntag, 18 Juli, in den Räumen des Klosters wieder besichtigt werden.
Arbeiten
aus 40 Jahren
Die Präsentation anlässlich des 80. Geburtstags des Künstlers zeigt eine Retrospektive der Arbeiten von Walter Angerer aus den vergangenen 40 Jahren, darunter Zeichnungen, Aquarelle, Acrylbilder und kleinere Schattenskulpturen. Im ganz eigenen Blick des Künstlers auf die Landschaft verbindet er wie in vielen seiner Werke Modernes mit Traditionellem. Da sind Angerers farbige, ausdrucksstarke Landschaftsbilder vom Chiemsee, von Bergen, zum Beispiel der „Ankogelgruppe“ in den Hohen Tauern und einige kolorierte Zeichnungen anderer Bergmassive, die immer wieder mit unerwarteten Farbakzenten überraschen, zum Beispiel dem roten Vogel, schwirrend über dem blaugrünen Taubensee. Aber auch die meisterhaften Porträts, für die Angerer nicht zuletzt von berühmten zeitgenössischen Kollegen hoch geschätzt wird, sind zu sehen, so Porträts von Neo Rauch oder Georg Baselitz.
Ein frühes, vor mehr als 40 Jahren entstandenes Bild, „Schlacht der Maiskolben“, ist nur auf den ersten Blick eine einfache Naturdarstellung. Wie in fast allen Werken Angerers sind hier bereits seine Borkenkäferspuren zu entdecken und damit die über sich selbst hinausweisende Symbolik. „Die kompositorische Klarheit von Zeichen und Symbolen in meinen Fraßbildern erzeugt verborgene Vorstellungen und neue Gedankenwelten. Ihre Betrachtung lässt uns die Freiheit eines Sternenhimmels, durch kein Oben und Unten, kein Links und Rechts beengt, offenbart sie uns unter jedem Blickwinkel andere Inhalte aus einem unbekannten Kosmos“, sagte der Künstler selbst vor rund 30 Jahren zu seinen Fraßspur-Bildern.
Vom Betrachter verlangt das, dass er sich Zeit nimmt, um hinter das Dargestellte zu schauen. Dabei muss er natürlich keineswegs das Gleiche sehen, was der Künstler dabei gesehen hat. „Es geht darum, seine herkömmlichen Sehmöglichkeiten und Interpretationen ständig neu zu befragen, denn nichts ist auf Dauer eintöniger, als immer nur von einem Standpunkt aus zu schauen“, so der bekannte Publizist, frühere Lehrer und vielseitig Kulturschaffende Willi Schwenkmeier in seiner Laudatio auf den Künstler. Wenn der Betrachter dazu bereit ist, sich den Kunstwerken auszuliefern und die in ihnen steckenden Geschichten zu finden und zu verstehen, kann er zum Beispiel Mozart sehen und das Gefühl haben, plötzlich die Arie „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ zu hören.
Angerer der Jüngere, der bereits im Jahr 2000 den Oberbayerischen Kulturpreis erhalten hat, themati-siert er durch seine Werke auch immer wieder die Jahrhunderte alte Geschichte von Kloster Seeon.
Skulpturen entlang
des Rundwegs
An dem 2019 neu angelegten Rundweg der Anlage ist auch die im Frühjahr 2020 aufgestellte Schattenskulptur „Wolfgang Amadeus Mozart – Die Zauberflöte“ zu sehen. Durch die filigrane Skulptur auf erhöhtem Standort in Sichtweite des Seeoner Sees und umringt von drei Kirchtürmen in unmittelbarer Nähe sind Tageslicht, Sonne und Wolken zu sehen, so dass sich das Kunstwerk dem Betrachter niemals exakt gleich zeigt, sondern stets unterschiedlich wirkt je nach Wetterlage und wechselnden Wolkenformationen.