Bad Aibling – Zum Abschluss der Konzertreihe „Saitensprünge“ kredenzten die Organisatoren noch einen richtigen Kracher: Der italienische Solo-Gitarrist Luca Stricagnoli überzeugte von Beginn an nicht nur musikalisch, sondern erwies sich auch als publikumsorientierter Moderator.
Der Musiker feierte erst kürzlich seinen 32. Geburtstag, tritt überhaupt erst seit drei Jahren auf und gilt als einer der „shooting stars“ der populären Gitarrenszene. Ähnlich wie andere junge Interpreten – vergangenes Jahr gastierte Victor Meshko – ist er mit Videos in YouTube und Facebook inzwischen weltbekannt.
Sein Eingangsstück war ein Mix aus Orient und Western. Typisch für seinen Stil ist die Kombination aus Rhythmik mit fein-filigranem Melodiespiel. Mit rechtem Handballen und Unterarm nutzt er die Gitarre als Percussions-Instrument, während die linke komplexe Muster entwirft, scheinbar schwerelos – eigentlich wie zwei Musiker in einer Person.
Kreativ auch das zweite Stück, Ennio Morricones Soundtrack zum Westernklassiker „Für ein paar Dollar mehr“, witzigerweise am selben Abend vom Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt. Stricagnoli benutzte einen Schraubenzieher für spezielle Soundeffekte und zauberte effektvolles Schnalzen hervor. Die Hör- und Schauwerte des Auftritts steigerten sich, als er mit einem Cellobogen die Saiten strich und einen weiteren, schön folkigen Soundtrack kredenzte, diesmal die Melodie aus „Der letzte Mohikaner“. Hörenswerte melodische Eigenkompositionen wechselten mit bekannten Cover-Stücken von den Backstreet Boys und Red Hot Chili Peppers. Alles mit viel Humor präsentiert und Anekdoten wie der von einem Auftritt mit offenem Hosenschlitz, das „Zippen“ lautmalerisch auf den Saiten umgesetzt.
Zum Titel „The Future“ spielte Stricagnoli seine waagrecht montierte Gitarre wie ein Hackbrett – hier hätte auch ein Rudi Zapf sicher gestaunt. Zu einer weiteren Steigerung bespielte der Virtuose ein besonderes, speziell für ihn angefertigtes Instrument, nämlich eine Gitarre mit drei Hälsen beziehungsweise Griffbrettern – davon eines mit Bass-Saiten.
Mit „vielsaitigem“ Körpereinsatz, hoch konzentriert und dann wieder mit einem Lächeln auf den Lippen, spielte Stricagnoli tatsächlich auf diesem Gitarren-Wunderwerk und begleitete sein Melodiespiel mit dem speziellen Bass. Oder er bediente die umgehängte und die montierte Gitarre gleichzeitig, schließlich hat man ja auch zwei Hände. So gelangen Rock-Covers von Muse, The Prodigy und auch der Swing-Klassiker „Miserlou“. Der Hit „My Sharona“ von „The Knack“ brachte das bestens gelaunte Publikum vollends aus dem Häuschen, es gab mehrfach stehende Ovationen und etwas ruhiger angelegte Zugaben, wie den „Braveheart“-Soundtrack. Luca Stricagnoli setzte einen markanten und mitreißenden Schlussakkord nach den wieder in gewohnter Programmfülle durchgeführten „Saiten- sprüngen“.Andreas Friedrich