Schnitzeljagd nach dem Gral

von Redaktion

„Parsifal“ kindgerecht erzählt bei den Tiroler Festspielen Erl

Erl – Wagners Oper „Parsifal“ ist schon für Erwachsene kompliziert genug. Kann man die Oper auch Kindern nahebringen, sodass sie die Handlung verstehen? Die Tiroler Festspiele Erl haben es gewagt und damit gewonnen: Maximilian Maier, Moderator beim Bayerischen Rundfunk und neuerdings Programmdirektor des Kulturzentrums Bergson Kraftwerk in München, hatte die Idee dazu und führte sie auch als Erzähler durch.

Kinder, Eltern
und Großeltern

Ganz gefüllt war am Sonntagvormittag das Erler Festspielhaus mit Kindern und ihren Eltern und Großeltern. Das gesamte große originale „Parsifal“-Orchester samt zwei Harfen und Wagner-Tuba war dabei: Unter den Marschklängen der Filmmusik zu „Indiana Jones“ von John Williams spazierte die australische Dirigentin Jennifer Conlon von der Seite herein und überzeugte mit straffem Dirigat. Immerhin hat ja auch Indy Jones schon nach dem Gral gesucht. Oder war er gar ein heimlicher Gralsritter…? Maier schaffte es von Anfang an, die Kinder in Spannung zu versetzen, vor allem dadurch, dass er sie mitspielen ließ: Mit einer Art Schnitzeljagd begab er sich mit ihnen auf die Suche nach dem Gral – nein, nicht nach Graz, wie ein Kind falsch verstand. Dieses Missverstehen führte Maier dann vergnügt weiter improvisierend durch bis zum Schluss. Die Kinder ließ er nach Motiven suchen, die zum Gral führen: Ein Schwan schwebte vom Himmel, plötzlich hatte der Bassist einen Ritterhelm auf, die Suche nach einer Kuhglocke führte die Kinder zu den Grals-Glocken, die sie auch auf dem Keyboard spielen durften: Dieses Motiv werden die Kinder – und auch wir erwachsenen Zuhörer – nie mehr vergessen. Ein Blumenstrauß ließ er beim Karfreitagszauber aufblühen. Schließlich fand der Moderator selber den Gral tief im Bühnenboden samt Notenblättern: „Die Musik selbst ist der Gral!“, rief er enthusiastisch aus. Jetzt fehlte nur noch der Speer: Den trug ganz am Ende Tenor Tadeusz Szlenkler singend herein, von ganz oben durchs Publikum schreitend: Endlich war der Gral gefunden, der Speer da und damit auch Parsifal.

Nebel auf der Videoleinwand

Zu den Musiken waberte viel Nebel auf der Videoleinwand – da hätte man doch Konkreteres wählen können: Warum nicht Neuschwanstein als Gralsburg oder wenigstens den Rittersaal daraus? Ein bisschen naiver Kitsch wäre hier erklärender gewesen.

Ganz kitschfrei war dafür die Musik: Jennifer Conlon entwickelte einen soghaften Klangrausch, der jede Stereoanlage oder jedes Streaming-Gerät an Wirkung weit übertraf. Und als gar am Ende auch noch der große Festspielchor sich beiderseits der Zuhörer aufreihte und machtvoll sang, war die Wirkung grandios. Die Kinder waren verzaubert und wir Erwachsene überwältigt.

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