Kiefersfelden – Er ist der Mann, der die Gesetze des Hard Enduro neu schreibt: Manuel Lettenbichler, der Ausnahmekönner aus Kiefersfelden, hat in dieser Saison erneut bewiesen, dass er in seinem Sport eine Klasse für sich ist und sich zum fünften Mal den Titel des Weltmeisters gesichert. Der Erfolg des bayerischen KTM-Piloten basiert auf unfassbarem Talent, eiserner Disziplin und der Bereitschaft, an die absolute Belastungsgrenze zu gehen.
Dass der Weg zur Spitze mit enormen Entbehrungen verbunden ist, gestand Lettenbichler nach dem Sieg beim Getzen-Rodeo in Deutschland offen ein. „Ich bin körperlich und emotional am Ende“, sagte der 27-Jährige gegenüber der OVB-Sportredaktion. Im Interview spricht er auch darüber, was ihm dieser Titel bedeutet und wieso er aktuell unbesiegbar scheint.
Wie fühlt sich der fünfte WM-Titel an? Haben Sie den Erfolg schon realisiert?
Ich wusste, ich kann den Titel holen, wenn ich mein Bestes gebe. Aber schlussendlich war es nicht in meiner Hand, deswegen war es sehr unerwartet. Ich hatte nicht gedacht, dass es möglich ist. Das ist verrückt, ich habe es noch gar nicht so richtig realisiert.
Es ist Ihr vierter Titel in Folge. Feiern Sie den so wie Ihren ersten Sieg?
Weltmeistertitel sind immer etwas Besonderes. Man schreibt Geschichte. Klar, der vierte ist vielleicht ein bisschen anders als der erste, aber es ist immer noch ein Weltmeistertitel. Es ist nie leicht, so einen zu gewinnen. Wir sind schon so lange oben dabei, es ist aber immer noch nicht selbstverständlich.
Sie haben auch die Titel beim Erzbergrodeo und bei den Romaniacs geholt. Sie sind also der erste Fahrer, der drei Titel in einer Saison holte.
Natürlich habe ich damit irgendwie Geschichte geschrieben. Aber der wichtigste Titel ist definitiv der Hard-Enduro-Weltmeisterschaftstitel der FIM. Die Siege am Erzberg und bei den Romaniacs habe ich nicht als Weltmeistertitel gesehen, sondern eher als eine krasse Leistung bei einem einzelnen Event. Der Erzberg wird immer der Erzberg bleiben, die Romaniacs werden immer die Romaniacs bleiben. Beide werden in Zukunft die meist angesehensten Rennen bleiben. Es ist immer etwas sehr Beeindruckendes, aber noch mal einen Weltmeistertitel zu holen ist natürlich Wahnsinn.
Das Getzen-Rodeo ist Ihr Heimrennen. Haben die deutschen Fans das Rennen besonders gemacht?
Wir sind da hingefahren und ich hatte den Weltmeistertitel gar nicht im Fokus, weil es noch zwei Rennen waren und man beim letzten Rennen relativ viele Punkte holen kann. Ich wusste, dass mein Konkurrent Billy Bolt sehr stark sein wird und deswegen war mein Ziel, ein geiles Rennen zu fahren und meinen deutschen Fans gerecht zu werden. Es war natürlich mega cool, dass ich da den Titel gewonnen habe. Das Getzen-Rodeo ist wirklich etwas ganz Spezielles, weil die Fans so nah an der Strecke sind. Es waren wieder 10000 bis 15000 Leute da. Dadurch entsteht eine irre Atmosphäre, speziell als deutscher Fahrer. Meine ganze Familie war oben, einige Freunde, das ganze Team natürlich. Dass ich den Titel dann wirklich hole, war einzigartig und sehr speziell.
Haben Sie eine Erklärung dafür, wieso Sie seit vier Jahren unschlagbar sind?
Ich hab keine Ahnung, ich weiß nicht, was ich mache. Ich bin selber sprachlos und hab schon ein paar Mal gesagt: „Das gibt’s ja gar nicht, dass ich immer noch gewinne“. Ich habe heuer ja das erste Mal wieder ein Rennen verloren. Man fragt sich dann schon, ob wir es nochmal schaffen, zu gewinnen oder den Titel zu holen. In der Türkei hatte ich wirklich einen sehr guten Lauf und habe mich wieder gut gefühlt. Beim Getzen-Rodeo weiß ich es auch nicht so ganz genau, vielleicht haben mir die Fans einen Push gegeben. Ich wollte einfach unbedingt noch mal gewinnen, da war ein bisschen extra Motivation da. Dann war es eine brutale Machtdemonstration. Als ich den Dritten, Billy Bolt, im Finale überrundet hatte, habe ich mir gedacht, „was ist denn mit denen los?“. Und ich habe mich dann auch gefragt: „Alter, was ist mit mir los?“. Ich hab mich gut gefühlt und gemerkt, dass ich bis zum Schluss pushen kann.
Wie geht es für Sie weiter?
Dieses Wochenende ist das Red Bull Stoppelcross in Deutschland, das ist ein Ackerrennen mit mir und Simon Längenfelder, MX2-Weltmeister im Motocross. In drei Wochen ist dann die Roof of Africa, das Finale der Hard Enduro-WM. Und dann müssen wir schauen, ob es in die Halle geht. Aber auch sonst ist genügend zu tun. Wir werden Ende Januar Eltern, der Winter wird also nicht langweilig.
Haben Sie schon einen Plan, wie die nächste Saison mit Kind ablaufen soll?
Einfach strukturierter, da finden wir schon eine gute Lösung. Eva wird einen megaguten Job machen, das weiß ich jetzt schon. Es wäre natürlich megacool, die Kleine ein bisschen dabeizuhaben. Da finden wir dann schon einen Rhythmus.
Marinus Obermaier