Dank an Sisi

von Redaktion

Verleihung des Siemens Musikpreises an Olga Neuwirth

Bei der Stiftung müsse sie sich bedanken, natürlich bei ihrer Laudatorin, der Schriftstellerin Raphaela Edelbauer. Aber eben auch bei Sisi, Martina Navratilova, Diego Maradona, Woody Woodpecker, ihrem Friseur und letztlich auch bei Gott. Alles mutmaßlich Unangepasste und damit Familienmitglieder im Geiste von Olga Neuwirth.

Denn den Siemens Musikpreis, mit 250 000 Euro einen der höchsten seiner Art, hat die Komponistin eben nicht nur für ihr Werk erhalten, für ihre teils krassen Klangforschungen, für das Wildern bei Rock und Geräusch: Grenzübertreterin Neuwirth, so heißt es an diesem Abend im Prinzregententheater, habe sich der Gender-Thematik, der Frauenemanzipation auf dem Musikmarkt gewidmet, als noch kein Leitartikler darüber schrieb.

„Was ist eine Pionierin?“, fragt daher auch Laudatorin Edelbauer gleich zu Beginn ihrer rasant vorgetragenen und literarisch hyperdichten Rede. Und Grenzübertreter, fernab von verbissenen Avantgardisten, das sind auch die drei Träger des Nachwuchspreises. Benjamin Attahir, Naomi Pinnock und Mikel Urquiza erhielten dafür jeweils 35 000 Euro. Verständlich, dass die Musik der Gala von Neuwirth stammte. Mit dem Ensemble intercontemporain und seinem Chef Matthias Pintscher standen dafür bestmögliche Interpreten zur Verfügung. Auch wenn es im Finale, bei den fünf Songs aus der „Hommage à Klaus Nomi“ mit Andrew Watts, im Verstärker empfindlich krachte.

Donnern ward auch von Peter Ruzicka, Vorsitzender des Siemens-Stiftungsrates, zu vernehmen. Er geißelte die Kulturpolitik der Corona-Jahre mit ihrem Schließungswahn. „Erfahrungen der Verachtung“ habe man gemacht. Eine „bittere Lektion“ sei es gewesen, „dass man nichts mehr wert ist über Nacht“. Auch die Cancel-Kultur im Zuge des Ukraine-Krieges zwischen Künstler-Entlassungen und Absagen von Tschaikowsky-Aufführungen kritisierte Ruzicka. Von einem „Willkürakt“ sprach er – und, mit Blick auf die braune Kontinuität nach dem Zweiten Weltkrieg, von einer „moralischen Selbstreinigung, wie sie die Deutschen ihren gottbegnadeten Künstlern gegenüber niemals in Erwägung gezogen haben“. MARKUS THIEL

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