„Alle sind willkommen“

Streit um Netrebkos Wiesbadener Auftritt

An der Wiener Staatsoper hat sie gerade die Titelrolle in Giuseppe Verdis „Aida“ gesungen, unbehelligt von Protesten. Doch um einen geplanten Auftritt von Anna Netrebko in Wiesbaden gibt es nun Streit. Bei den Maifestspielen soll die Sopranistin erstmals als Abigaille in Verdis „Nabucco“ zu erleben sein. Die Künstlerin mit der russischen und österreichischen Staatsbürgerschaft wird noch immer dafür kritisiert, dass sie sich nicht ausreichend von Wladimir Putin und dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine distanziert habe (Foto: Armin Weigel/dpa).

Das Wiesbadener Staatstheater, das sein Festival „allen politischen Gefangenen in dieser Welt“ widmet, hat seine Ankündigung mit einer Erklärung versehen: „Wir, die wir gerade erleben, wie unsere Freiheit in der Ukraine leider auch mit Waffen und Menschenleben verteidigt werden muss, dürfen nie Künstler und Menschen ausschließen, die zu uns gehören und die wir für den Kampf gegen Unrechtsregime, wie das von Wladimir Putin, dringend auf unserer Seite brauchen.“ Indirekt wird auf Netrebkos Verpflichtung eingegangen: Im Kampf gegen Unrecht und Willkür „sollten uns alle russischen Menschen ebenso selbstverständlich willkommen sein“ wie Ukrainer und aller anderen Nationen.

In einer ungewöhnlichen gemeinsamen Aktion haben sich der Magistrat der Stadt Wiesbaden und das Land Hessen nun gegen Netrebkos Auftritt ausgesprochen. Man habe Intendant Uwe Eric Laufenberg gebeten, auf das Engagement zu verzichten – bislang ohne Erfolg. Die Festspiele, so heißt es in der Mitteilung, seien denjenigen gewidmet, die aufgrund ihrer Meinung im Gefängnis säßen wie etwa der russische Aktivist Alexej Nawalny. Netrebko stehe auf einer Sanktionsliste der Ukraine und habe sich bisher nicht von Putin und seinem Regime distanziert. Mittlerweile hat sogar Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) erklärt, seine Schirmherrschaft ruhen zu lassen.

Laufenberg hat dies kritisiert. „Hier schießt man mit der Solidarität übers Ziel hinaus“, sagte er laut Hessischem Rundfunk. Netrebko könne persönlich keine Beteiligung am russischen Angriffskrieg unterstellt werden. Bei den Festspielen sind auch Gastspiele ukrainischer Ensembles geplant. Laut Laufenberg hätten diese nichts am Auftritt Netrebkos auszusetzen. MARKUS THIEL

Montag, 4. Dezember 2023
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