Zurück in die Zukunft

von Redaktion

Direktorin Mirjam Zadoff blickt auf ihre ersten fünf Jahre am NS-Dokuzentrum und stellt die Pläne für 2023 vor

VON MICHAEL SCHLEICHER

Das gegenseitige Schulterklopfen will kaum enden bei der Pressekonferenz des NS-Dokuzentrums in München: Kulturreferent Anton Biebl erwähnt den „überwältigenden Zuspruch“ für das Haus am Max-Mannheimer-Platz 1, das vor acht Jahren die Türen öffnete und eine „Lücke in der Erinnerungsarbeit der Stadt“ geschlossen habe. Seit fünf Jahren ist Mirjam Zadoff Direktorin der Einrichtung. Die 49-Jährige und ihr Team nutzen den gestrigen Vormittag ausgiebig, um zu danken (Stadt, Kooperationspartnern und einander) und um Rückschau zu halten. Freilich, das ist alles berechtigt, wichtig und richtig. Denn dieser Lern- und Erinnerungsort, der sich dort befindet, wo einst die Parteizentrale der NSDAP war, ist längst unbedingter Bestandteil der Stadt – und zwar nicht nur in Bezug auf die Museumslandschaft. Wirklich interessant sind aber die künftigen Pläne für die Einrichtung.

Hier kündigt Zadoff etwa an, ihr Haus noch stärker vernetzen und noch inklusiver ausrichten zu wollen. Für Letzteres sei das Votum des Stadtrats ein enormer Schritt gewesen, den Besuch kostenfrei zu ermöglichen (wir berichteten). Heuer im Juli will die Einrichtung nun ihre Räume verlassen und eine temporäre Ausstellung am Max-Joseph-Platz eröffnen, um mit den Passanten ins Gespräch über Toleranz zu kommen. Denn das ist vielleicht die größte Kunst und wichtigste Aufgabe der Verantwortlichen: Das Dokuzentrum will eben nicht nur Wissen zum Nazi-Terror vermitteln, sondern Brücken ins Jetzt schlagen, etwa zu Fragen des Umgangs miteinander, zu Rechtsterrorismus, zu aktuellen Flucht- und Diskriminierungserfahrungen. Im besten Fall entstehe so ein „Dialog zwischen dem rationalen geschichtswissenschaftlichen Zugang und sehr individuellen Geschichten“. Ende Juni kommt zudem das sogenannte Ringelblum-Archiv nach München. Die Schau, gemeinsam konzipiert mit dem Jüdischen Historischen Institut Warschau, zeige die Geschehnisse im „Warschauer Ghetto aus einer radikalen Innenperspektive“, erläutert Zadoff. „Hier wurde die Schoah dokumentiert, während sie geschah.“

Wie wichtig indes die Arbeit des Dokuzentrums ist, zeigt die Tatsache, dass der Newsticker in der Dauerausstellung, der quasi in Echtzeit rechte Straftaten verzeichnete, abgeschafft werden musste. Es gibt schlicht zu viele. Bitter.

NS-Dokuzentrum

Di.-So. 10-19 Uhr; www.nsdoku.de.

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