Lange muss man warten. Vom 19. Juli 2024, dem Eröffnungstag, bis zum 2. August. Erst dann nämlich zeigen die Salzburger Festspiele ihre erste neue szenische Opernproduktion. Was es davor gibt? Aufgewärmtes wie Mozarts „Don Giovanni“ in der umstrittenen Regie von Romeo Castellucci, eine Übernahme von den Pfingstfestspielen (Mozarts „La clemenza di Tito“) und die Strauss-Oper „Capriccio“ – und das auch nur konzertant, bei diesem Konversationsstück ist das mehr als ungewöhnlich.
Einen solchen Auftakt gab es jedenfalls so gut wie noch nie bei dem weltweit renommiertesten Festival. Und auch sonst wurde bei der Programmvorstellung am Mittwoch deutlich, dass Intendant Markus Hinterhäuser auf Bewährtes bis gut Abgehangenes setzt. Da gibt es zwar bemerkenswerte Opernangebote wie „Der Idiot“ von Mieczyslaw Weinberg oder Sergej Prokofjews „Der Spieler“, beides Erstaufführungen unterm Mönchsberg. Allerdings werden die von den Regisseuren Krysztof Warlikowski und Peter Sellars betreut, zwei in Ehren und vor allem inhaltlich ergrauten alten Kämpen. Laut Papierform dürfte daher ein Opernprojekt alles andere überstrahlen: Mariame Clément inszeniert „Hoffmanns Erzählungen“ von Offenbachs, am Pult steht Marc Minkowski, in der Titelrolle ist Benjamin Bernheim zu erleben. Die Festspiele weisen darauf hin, dass 2024 immerhin zehn Musiktheater-Produktionen laufen, fünf davon sind jedoch nur konzertant.
Insgesamt plant das Festival 172 Aufführungen an 44 Tagen. Schon länger bekannt ist, dass die neue Schauspielchefin Marina Davydova auch für einen neuen „Jedermann“ sorgt. Robert Carsen wird inszenieren, die Hauptrolle übernimmt Philipp Hochmair, Deleila Piasko ist die Buhlschaft. Die Schauspielsparte wartet noch auf mit Stefan Zweigs „Sternstunden der Menschheit“, einer „Orestie“-Version nach Aischylos, Sophokles und Euripides sowie „Spiegelneuronen“ als Zusammenwirken von Sasha Waltz und der Formation Rimini Protokoll. Das Stück soll bei jeder Aufführung aufs Neue entstehen – je nachdem, wie sich das Publikum einbringt. Weiteres Projekt ist eine Bühnenfassung von Thomas Manns „Zauberberg“.
„Bewegungen zwischen Himmel und Hölle“, dieses Motto soll über dem Festspielsommer stehen. Was insofern eine ungewollte Pointe birgt, weil Intendant Markus Hinterhäuser gerade Gegenwind bekommt wegen seiner zögerlichen Programmpolitik. Sein Vertrag läuft vorerst noch bis 2026, über eine Verlängerung wurde noch nicht entschieden. Immerhin: Er hat gerade in diesem Jahr für eine hochrespektable Auslastung der Festspiele gesorgt. Trotzdem, so wird erzählt, herrscht im Direktorium dicke Luft. Angeblich sind sich Hinterhäuser und die neue Präsidentin Kristina Hammer alles andere als grün.
Die Werke des nächsten Festspielsommers, so ließen die Verantwortlichen wissen, „erzählen von der elementaren Schönheit des Maßlosen ebenso wie von den darin verborgenen dämonischen“ Abgründen, von grenzenloser Einsamkeit – und der schwindelerregenden gottlosen Freiheit“. Novitäten und aufregende Programmierungen häufen sich – wie schon in den vergangenen Jahren auch – eher im Musikprogramm, und hier besonders in der Auftaktreihe „Ouverture spirituelle“. Prominenteste Mitwirkende sind Teodor Currentzis mit Bachs Matthäus-Passion und Jordi Savall mit mehreren Vertonungen des Te Deums.
Die Wiener Philharmoniker, traditionell das Festspielorchester, vertrauen in ihren Konzerten auf oft erprobte Stars wie Riccardo Muti, Gustavo Dudamel und Andris Nelsons. Pianist Igor Levit ist bei mehreren Projekten auf dem Podium, und Bariton Georg Nigl darf in neuer Formation seine 2023 heftig gefeierten „Nachtmusiken“ fortsetzen. An den Schlusstagen reisen traditionell die Berliner Philharmoniker an, Chefdirigent Kirill Petrenko leitet diese Programme.
Die Kartenpreise bewegen sich zwischen fünf und 465 Euro. Rund die Hälfte der Tickets, das betonen die Festspiele, liegen im unteren Viertel des Preissegments, also bis 115 Euro. Stichtag für alle Kaufkartenbestellungen ist der 22. Januar 2024, Direktbuchungen über die Webseite sind ab 22. März 2024 möglich.
Und eine Besonderheit des Sommerprogramms: Michael Maertens, der 2024 eigentlich den Jedermann spielen sollte und nun wegen der Neuproduktion aus dem Programm gekickt wurde, ist doch wieder dabei. Er wurde für „Hallo, hier spricht Nawalny“ engagiert. Maertens liest Briefe des inhaftierten Kreml-Kritikers.
Informationen
zum genauen Programm und zum Vorverkauf unter
salzburgerfestspiele.at