Jedes Stadttheater hat alljährlich sein Weihnachtsmärchen – die Bayerische Staatsoper hat ihre uralte „Zauberflöte“. Anno 1978 inszenierte August Everding sie in Jürgen Roses märchenhaften Bildern, und irgendwie funktioniert sie (2004 zuletzt aufgefrischt) mit all ihren Putzigkeiten bis heute. Vor allem als Familienvorstellung mit vielen Kindern wie am Sonntag im ausverkauften Nationaltheater.
Tiefgang, was die Freimaurer-Elemente oder die wie auch immer beschaffenen Beziehungen der Personen untereinander betrifft, braucht es da nicht, auch die frauenfeindlichen Sentenzen von Textdichter Schikaneder werden locker überspielt. Einziges Zugeständnis an die Neuzeit: Monostatos hat kein schwarzes Gesicht mehr.
Wenn Mozarts Musik in guten Händen ist, überstrahlt sie alle szenischen Belang- und Harmlosigkeiten – so wie jetzt. Lothar Koenigs als erfahrener Gast am Pult und das bis in alle Feinheiten präzise, inspiriert und klangschön agierende Staatsorchester schufen die sichere Basis, auf der sich ein vorzügliches Ensemble darstellerisch entspannt bewegen durfte. Als Tamino debütierte Ben Bliss an der Staatsoper, wo er bei den Opernfestspielen auch seinen ersten „Pelléas“ singen wird. Der junge, hochgewachsene Amerikaner ist nicht nur ein Bilderbuch-Prinz, er verfügt auch über einen klaren, gut fokussierten, bis in die Höhe klangschönen, lyrischen Tenor, den er nie forciert.
Als charmante Pamina glänzte Emily Pogorelc mit metallisch schimmerndem Sopran und zarter Innigkeit im „Ach, ich fühl’s“. Konstantin Krimmel (Papageno) begeisterte mit herrlichem Bariton genauso wie mit natürlichem Spiel. Als Sarastro empfahl sich mit bis in die Tiefen samtweichem Bass Dimitry Ivashchenko. In glitzernde, höchst fragile Höhen wagte sich mit extrem zartem Koloratursopran Caroline Wettergreen als Königin der Nacht – „In der Hölle Rache“ mit mehr Fortune als zuvor. Im kurzen, heftigen Schlussjubel mischten auch die ganz jungen Zuschauer begeistert mit. GABRIELE LUSTER