Singen die Zikaden in diesem Sommer besonders laut, als säßen sie im eigenen Körper? Das fragt sich Asahi Matsuura, die mit ihrem Mann aufs Land gezogen ist. Er wegen einer neuen Stelle; sie hat ihren Posten als freie Mitarbeiterin nicht ungern aufgegeben. Am Land findet sie jedoch keinen Job ohne fahrbaren Untersatz. Die Ich-Erzählerin taucht in schwüle Hitze ein, in ein gemächliches Hausfrauenleben, das sie neben den Arbeitsfanatikern zur Außenseiterin macht. Da begegnet ihr eines Tages ein schwarzes, fremdartiges Tier, dem sie folgt und in ein Loch fällt. Asahi, die in einer Art Nicht-Ehe lebt – für den Mann zählen nur Beruf und Handy –, stolpert nun nicht wie Alice ins Wunderland, sondern in andere Abenteuer. Hiroko Oyamada hält perfekt die Balance, um die Atmosphäre zwischen Realität und Fantasmagorie irritierend, aber nicht zu gruselig wabern zu lassen. Erregend die Naturschilderungen; treffgenau die Sozialkritik.
SIDA
Hiroko Oyamada:
„Das Loch“. Rowohlt, 123 Seiten; 22 Euro.
★★★★★ Hervorragend