Zurück zum Licht

von Redaktion

Erkämpfte Leichtigkeit: Das Album „Play“ von Ed Sheeran

Brüder, zur Sonne! Der britische Superstar Ed Sheeran zeigt sich nach privaten Krisen wieder optimistisch. Auch sein neues Album „Play“ kommt ganz in Pink (und mit neuem Symbol) daher. © Petros Studio

Die freudigste Überraschung haben die Münchner Ed-Sheeran-Fans ja schon hinter sich: Ihr Idol wird heuer noch an die Isar kommen – zu einem der ganz wenigen Konzert-Termine in Europa. Am 3. Dezember spielt der 34-Jährige in der Olympiahalle. Im Gepäck hat er dann die Songs seines neuen Albums „Play“, das am Freitag erschienen ist. Und damit wären wir schon bei der freudigen Überraschung Nummer zwei.

Zugegeben: Wirklich überraschend ist hier nichts – außer vielleicht, dass dem Briten die mathematischen Symbole zur Betitelung ausgegangen sind und er darum das Ende seiner „Mathematics“-Phase erklärt. Für „Play“ greift er zurück auf den dreieckigen Abspiel-Pfeil zur Musikwiedergabe (und kündigt gleich „Pause“, „Zurück-“ und „Vorspulen“ als weitere geplante Zyklus-Einträge an). Formalien also. Aber wie sieht‘s mit der Musik aus, was ändert sich da?

„Play“ ist am Ende ein recht normales Sheeran-Album geworden, allerdings ein gut gelauntes. Sein Vorgänger „–“ („Subtract“) hatte noch Verlust und die Angst davor thematisiert – Sheerans Freund Jamal Edwards war überraschend im Alter von 31 Jahren gestorben und seine schwangere Frau Cherry Seaborn hatte eine Krebs-Diagnose bekommen (wie es aussieht, hat sie die Krankheit besiegt). Vielleicht ist das das Besondere an dieser rosafarbenen Scheibe: dass die gute Stimmung diesmal hart erkämpft wirkt. Die ersten Sätze, die der Mann aus Halifax auf „Play“ glockenhell singt, lauten: „Es ist ein langer Weg zurück vom Meeresgrund.“ Er habe am Grab seines Freundes geweint, habe den Chirurgen seiner Frau die Hand geschüttelt. „Doch nun bricht der Tag weit und offen an.“ Der Sonnyboy kämpft sich zurück ans Licht.

Und es ist ja nicht so, dass er nicht versucht, etwas Neues zu machen. Schon im ersten Song „Opening“ rappt er drauflos – was er allerdings in der Vergangenheit auch schon getan hat. Die Weltmusik-Experimente des Albums stechen natürlich heraus. In „Sapphire“ untermalt eine indische Tabla Sheerans Liebesschwüre, der Song endet dann aber doch im altbewährten Stadion-Refrain. Ein bisschen wagemutiger war da schon die Vorab-Single „Azizam“ mit ihrem persischen Refrain, mit der Sheeran sich Respekt bei den Immigranten aus dem mittleren Osten gewann. „Play“ solle völkerverbindend sein, sagt der Sänger. „Ich habe das Album rund um die Welt aufgenommen – und dabei einige der kreativsten, neugierigsten und lustigsten Tage meines Lebens gehabt.“

Das freut uns sehr. Das Album klingt aber dann doch, als hätten ganze Hochhaus-Etagen voller Krawattenträger dafür gesorgt, dass es niemanden überfordert. „Mein Play bedeutet, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Play ist farbenfroh. Play ist Tanzen. Und Play ist nostalgisch“, schreibt er auf dem Cover. Also irgendwie alles, wie sich das für einen Mainstream-Star gehört. So hat die neue Single „Old Phones“, in der der Sänger über alte Textnachrichten von verstorbenen Freunden und Ex-Partnerinnen nachsinnt, wieder den patentiert-sonnigen Sheeran-Schrammelsound zum Falsett-Schmachten. Nur manchmal hat er auch kleine Widerhaken eingebaut. In den Mitsing-Chor des blauäugigen Northern-Soul-Stücks „A little more“ trällert er fröhlich, dass er die Frau, die er einst liebte, jeden Tag ein bisschen mehr hasst.

Das muss genügen, und man darf doch froh sein, dass das Herzibobberl auch wieder ein kleiner Frechdachs ist. Ansonsten bleibt alles wie gehabt: Sheerans zur Schau gestellte Unschuld und Uncoolness machen seinen Charme aus, und der wirkt diesmal wieder deutlich besser als zuletzt. Das Gute für seine Fans: Sie dürfen sich noch über einige Überraschungen freuen, bis er bei „Stop“ angekommen ist.JOHANNES LÖHR

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