„Wir dürfen bei der Kultur nicht sparen!“

von Redaktion

Kunstminister Blume über das geplante Konzerthaus, die Museumsoffensive und den neuen Kunstpreis

Fasziniert von bayerischer (Handwerks-)Kunst: Markus Blume in der Porzellan Manufaktur Nymphenburg, wo die Trophäen für den Bayerischen Kunstpreis gefertigt werden. © Axel Koenig/StMWK

Am 18. November wird der Bayerische Kunstpreis erstmals verliehen (wir berichteten). Kunstminister Markus Blume hat uns vorab den Gewinner in der Kategorie „Kulturbotschafter des Jahres“ verraten: Völlig verdient erhält ihn Christoph Kürzeder (siehe Kasten). Doch bei all der Freude über den neuen Preis sollte man nicht die vielen Kulturbaustellen in München vergessen. Zeit für ein Gespräch über Konzerthaus, Renovierungen, Museumsoffensive – und die ewige Frage der Finanzierung.

Die Gala des Bayerischen Kunstpreises findet im Bergson statt. Hier haben Privatleute Geld in die Hand genommen, um einen neuen Kulturort aufzubauen. Sollte sich der Staat in Zeiten klammer Kassen und vieler Kulturbaustellen mehr mit Privaten zusammentun?

Das, was im Bergson passiert ist, hat Vorbildcharakter. Von der Idee über die Realisierung bis zur Bespielung ist das große Klasse. Meine feste Überzeugung ist, dass wir bei Kulturbauten neue Wege einschlagen müssen: Wir brauchen neue Orte, neue Brückenschläge zwischen den Sparten und auch neue Wege der Finanzierung. Kunst und Kultur haben sich immer aus sich selbst heraus erneuert und bürgerschaftliches Engagement hat dabei Tradition. Unsere Museumsoffensive wird da ganz neue Potenziale aufzeigen.

Sie waren in den USA, um sich deren Kulturszene anzuschauen. Dort ist es gewachsene Tradition, dass Privatleute hohe Summen geben, weil es staatliche Subventionen wie bei uns nicht gibt. Wie kann es gelingen, auch hierzulande die Menschen zu motivieren, Geld lockerzumachen?

Wir müssen den Kunstbereich attraktiver machen. Das Motto muss sein: weniger Behörde, mehr Erlebnisort! Wenn wir uns hier weiterentwickeln und den Museen und Sammlungen mehr Freiheiten, auch mehr wirtschaftliche Verantwortung geben, dann wird sich das ganz automatisch paaren. Unsere Reformkommission wird sehr notwendige und sicher auch kühne Schritte aufzeigen.

Was heißt „kühn“?

Lassen Sie sich überraschen, die Kommission arbeitet noch. Aber um eine Idee zu geben: Heute arbeiten 18 ganz unterschiedliche staatliche Museen – vom kleinen Theatermuseum bis zu den großen Bayerischen Staatsgemäldesammlungen – nebeneinander. Viele Aufgaben werden parallel erledigt, oft wird mit denselben Problemen gekämpft. Hier Synergien zu schaffen und den Fokus auf die Besucher zu richten, ist elementar. Geradezu grotesk ist, dass es lange gar keinen Anreiz gab, sich um mehr Besucher zu bemühen, denn die Einnahmen verblieben nicht im Museum. Das haben wir geändert. Das heißt, es macht einen Unterschied, ob ein Haus attraktiv für Besucher ist – oder nicht.

Heißt das, dass es künftig nur noch Blockbuster-Ausstellungen geben wird – und alles, was weniger Publikum anlockt, wegfällt? Wie verhindert man eine zu starke Kommerzialisierung?

In unseren bayerischen Museen und Sammlungen ist noch viel Platz für zusätzliche Besucherinnen und Besucher. Wir wollen die Generation Tiktok in unsere Häuser holen und ihnen die Augen dafür öffnen, welche kulturellen Schätze wir haben. Ich kann nur sagen: Man sollte keine Angst davor haben, populär zu sein.

Und Online-Ticketing? Unkomplizierter Ticketkauf für alle Häuser?

Ist doch logisch. Deshalb haben wir gesagt: Teil eins der Museumsoffensive ist Digitalisierung. Online-Ticketing wird Anfang kommenden Jahres flächendeckend vorhanden sein.

Wahnsinn, 2026!

(Lacht.) Schon!

Und wie geht es voran mit der Aufklärung der Vorwürfe gegen die Staatsgemäldesammlungen in Sachen potenzieller Raubkunst?

Es war uns wichtig, mit maximalem Aufklärungswillen, mit maximaler Transparenz und auch Konsequenz an die Vorwürfe ranzugehen. Ich werde demnächst im Bayerischen Landtag dazu Bericht erstatten. Aber ich kann schon jetzt sagen: An den schwerwiegendsten Vorwürfen ist nichts dran. Gleichwohl gibt es viele Dinge, die verbessert werden müssen. Anton Biebl hat hier schon extrem segensreich gewirkt. Es war ein Glücksfall, ihn nicht nur als Leiter der Museumsoffensive, sondern auch als Interimschef der Staatsgemäldesammlungen zu gewinnen.

Auch kritisierte Sicherheitsmängel sind behoben? Einen Fall wie im Louvre wird es in Bayern nicht geben?

Wir haben es heute mit einer neuen Tätergeneration zu tun, die auch vor großer Brutalität nicht zurückschreckt. Deshalb kann wahrscheinlich niemand sagen, man sei zu 100 Prozent davor gefeit. Die Einrichtungen können nur mit jedem Fall lernen und die Sicherheitsprozeduren ständig überprüfen. Wir haben etwa einen eigenen Fonds aufgelegt, mit dem wir Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit unterstützen.

Sicherheit hat mit baulichen Fragen zu tun. Damit sind wir bei den Großbaustellen: Resi, Herkulessaal, Marstall, Nationaltheater. Gibt es inzwischen einen Zeitplan für Ihre „Kulturkaskade“?

Wissen Sie, was das Beste ist? 2026 wird aus der Kaskade schon etwas fertig: das Proben- und Werkstättenzentrum des Residenztheaters, in das der Freistaat einen dreistelligen Millionenbetrag investiert hat. Wir sind sogar schneller als geplant. Dieser Bau ist wiederum Voraussetzung, dass die nächsten Schritte der Kulturkaskade laufen können. Gerade wird die Generalsanierung des Residenztheaters vorbereitet.

Glauben Sie, es klappt alles im Zeitplan?

Da ich nicht selbst baue, kann man sich da nie ganz sicher sein. Im Bereich der Kultur haben wir den Sonderfall, dass wir uns häufig im besonders geschützten, steingewordenen Erbe bewegen und gleichzeitig komplexe akustische und technische Anforderungen erfüllen müssen. Je länger ich mich mit öffentlichem Bauen beschäftige, desto klarer wird mir: Wir müssen neue Wege beim Bauen gehen. Es muss auch nicht alles der Staat selbst bauen.

Das Konzerthaus soll ein anderer errichten?

Denkbar. Hier haben wir zunächst untersucht: Kann man so ein Konzerthaus nicht auch für die Hälfte bauen? Das Ergebnis der Markterkundung heißt: Ja, das geht. Es gibt Unternehmen, die sagen: Wir trauen uns das zu, wir würden sogar selbst bauen und an den Freistaat vermieten. Mieten statt bauen – das ist eine Option, die wir uns sehr genau anschauen. Das entlastet den laufenden Haushalt und ist auch kulturpolitisch richtig: Wir dürfen uns nicht in der Investition in Beton erschöpfen und dann keine Kraft mehr haben, den Beleuchtungstechniker oder die Tänzerin anständig zu bezahlen. Und: Wenn ein Privater baut, dauert das nur halb so lang und kostet wahrscheinlich die Hälfte.

Das Konzerthaus ist nicht vom Tisch?

Im Gegenteil: Es steht im Koalitionsvertrag und wir erarbeiten aktuell einen konkreten Umsetzungsvorschlag. Unabhängig davon: Ich fühle mich im Moment vor allem den Kulturschaffenden und dem notwendigen Substanzerhalt verpflichtet. Da geht es um Arbeitsplätze und Existenzen. An Berlin sieht man, was das bedeutet: Dort werden unumkehrbare Einschnitte im Kulturbereich vollzogen, die zu dauerhaftem Schaden führen. Ich kann übrigens auch die Landeshauptstadt München nur warnen, diesem Beispiel zu folgen.

Einschnitte gibt es mit Ihnen nicht?

Ich kämpfe voller Überzeugung für eine ordentliche Förderung von Kunst und Kultur. Da wir mitten in den Haushaltsverhandlungen sind, kann ich nur so viel sagen: Das ist ein sehr beherztes Ringen. (Lacht.)

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