Die fetten Jahre sind vorbei: So lautet der Titel eines deutsch-österreichischen Films. Bei den meisten von uns waren es zwar nur Tage – aber fett waren sie allemal: Gänse, Enten, Karpfen und viele weitere tierische Köstlichkeiten kamen auf den Tisch, zudem Lebkuchen und Plätzchen in rauen Mengen. Dazu passt natürlich kein Wasser: (Glüh-)Wein, Bier und zur Verdauung ein Schnäpschen rundeten das köstliche Mahl ab.
Für viele blieb das leider nicht ohne Folgen: Ein paar Kilo mehr auf der Waage zählen dabei zu den harmloseren Erscheinungen. Die festliche Völlerei kann auch richtig schmerzhaft werden. Ganz plötzlich und das oft nachts, tut dann ein Gelenk weh, meist die große Zehe. Das Gelenk ist dann geschwollen, fühlt sich heiß an, und die Haut ist gerötet: Kommen Patienten mit solchen Beschwerden zu mir in die Praxis, ist die Diagnose schnell gestellt: akuter Gichtanfall.
Ursache sind Harnsäurekristalle, die sich im Gelenk abgelagert haben. Dies führt zu der starken Entzündungsreaktion. Doch wann und bei wem kommt es dazu? Denn Harnsäure haben wir alle im Blut: Sie ist ein Abbauprodukt der „Purine“, die zu den Grundbausteinen der DNA, der Erbsubstanz gehören. Zum Problem wird die Harnsäure erst, wenn ihre Konzentration im Blut einen Wert von ca. 7 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) überschreitet – und damit ihre Löslichkeit. Dann können sich Harnsäurekristalle bilden, die sich in Gelenken, Sehnen, Schleimbeuteln und Nieren ablagern können.
Etwa ein bis zwei Prozent der Menschen hierzulande leiden an der Gicht. Männer sind dabei deutlich häufiger betroffen als Frauen. In den meisten Fällen handelt es sich um eine vererbte Stoffwechselstörung, die „primäre Gicht“. Dabei ist die Ausscheidung der Harnsäure über die Nieren gestört. Seltener sind sekundäre Ursachen wie bösartige Tumorerkrankungen, Nierenleiden und manchmal auch Medikamente.
Aber nicht jeder Patient mit erhöhter Harnsäure erleidet auch einen Gichtanfall. Ein solcher entsteht meist, wenn weitere Risikofaktoren hinzukommen, insbesondere in Bezug auf die Ernährung: Wenn Betroffene große Mengen purinhaltiger Lebensmittel wie Fleisch, Innereien, Meeresfrüchte, bestimmte Fische, aber auch Hülsenfrüchte wie Linsen und Bohnen zu sich nehmen, kann das einen Anfall auslösen; ebenso wie zu viel Alkohol. Auch (Frucht-)zuckerhaltige Getränke, Stress, Übergewicht und Bewegungsmangel erhöhen das Risiko. Und: eine schnelle Gewichtsveränderung. Wer im neuen Jahr abnehmen will, sollte es also nicht gleich übertreiben, denn auch Fasten kann zu einem Gichtanfall führen.
Die gute Nachricht: Patienten mit erhöhter Harnsäure im Blut, die keine Beschwerden haben, müssen keine Tabletten schlucken. Sie sollten aber ihre Ernährung umstellen: weniger purinhaltige Lebensmittel und Alkohol nur noch in Maßen. Wer übergewichtig ist, sollte auf eine kalorienärmere Kost achten, aber auf eine Nulldiät verzichten. Wichtig auch: mindestens 1,5 Liter pro Tag trinken. Bei Patienten, die mehr als zwei Gichtanfälle pro Jahr und/oder Nierensteine haben, reicht das nicht. Sie brauchen in der Regel harnsäuresenkende Medikamente. Ein akuter Gichtanfall klingt zwar auch ohne Therapie meist innerhalb von ein bis zwei Wochen ab. Die heftigen Schmerzen lassen sich aber lindern – und zwar mit entzündungshemmenden Wirkstoffen wie Ibuprofen, Kortison oder Colchicin.
Der hausärztlich tätige Internist mit Praxis in Krailling (Kreis Starnberg) schreibt heute über die Gicht – und warum Betroffene auf radikale Fastenkuren im neuen Jahr lieber verzichten sollten.