Alarm-Studie: So gefährlich ist Fruchtzucker in Getränken

von Redaktion

Gefahr für Normalgewichtige: Experten warnen vor Fettleber und Diabetes

VON DR. CORINNA MARTENS UND SUSANNE SASSE

München – Kann ein bisschen Fruchtzucker denn Sünde sein? Prickelnd, fruchtig, erfrischend und am besten eisgekühlt. So lockt die Werbung in Kinos, an Hauswänden, im Fernseher und in Magazinen. Selbst in den Brotdosen der Kleinsten stecken schon häufig die bunt beworbenen Getränke – mit harmlos klingendem „Fruchtzucker“ gesüßt.

Fruktose ein häufiger Ernährungsbestandteil

Kann etwas, in dem das Wort „Frucht“ steckt, denn ungesund sein, mag man denken. Doch jetzt schlägt eine hochrangig publizierte Studie der Universität Zürich Alarm. Es konnte gezeigt werden, dass selbst eine moderate Zufuhr von mit Fruktose oder Saccharose (= Fruktose kombiniert mit Glukose) gesüßten Getränken bei jungen, schlanken Männern bereits nach sieben Wochen zu gefährlichen Veränderungen führt. Schon nach kürzester Zeit kam es bei den Teilnehmern zu einer um das Doppelte gesteigerten Fettproduktion innerhalb der Leber. Man geht davon aus, dass diese Veränderung des Stoffwechsels den Weg bereitet für die Entstehung einer Fettleber und eines Diabetes mellitus Typ 2 (Zuckerkrankheit).

Erschreckenderweise ist dies auch bei normalgewichtigen, jungen Menschen gegeben. Dies ist gerade deshalb von extrem großer Bedeutung für unser täglich Leben, da europaweit in gesüßten Säften und Softdrinks fast ausschließlich Saccharose und Fruktose als Süßungsmittel verwendet wird.

„Die Studie greift ein aktuelles Problem auf sehr elegante Weise auf“, sagt Dr. Gerald Denk, Oberarzt am LMU-Klinikum Großhadern. Selbst bei jungen, schlanken Männern mit einem Bodymassindex (BMI) von unter 24 führte der Konsum einer normalen Menge an Getränken, die mit Fruktose (Fruchtzucker) beziehungsweise Saccharose, also Haushaltszucker, gesüßt waren, zu ungünstigen Veränderungen des Fettstoffwechsels, wenn dadurch jeweils 80 Gramm Zucker pro Tag aufgenommen wurden, stellt der Leiter der Spezialambulanz für Lebererkrankungen klar. Denk: „Diese Veränderungen traten bei der Testgruppe, die mit Glucose, also Traubenzucker gesüßte Getränke erhielt, nicht in diesem Umfang auf.“ Die Autoren der Studie (von Geidl-Flueck et al. J Hepatol 2021) folgern in Zusammenschau aller Aspekte, dass vor allem mit Fruchtzucker gesüßte Getränke ungünstige Effekte auf den Fettstoffwechsel haben, wie zum Beispiel die Entstehung einer Fettleber.

Experte: Fettleber ist neue Volkskrankheit

Wichtig ist dies insbesondere, da die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung als eine der kommenden Volkskrankheiten des 21. Jahrhunderts gilt, so Denk, der auch Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie, Ernährungsmediziner ist.

Was wenige wissen: Knapp ein Viertel aller Erwachsenen in Deutschland leidet an einer Fettleber, oft ohne das zu wissen. Und die Zahl der Betroffenen nimmt stetig zu. Denk: „Die Fettleber gilt als Bestandteil des metabolischen Syndroms, also des Formenkreises von Krankheiten, die bei Übergewicht auftreten wie Zuckerkrankheit, erhöhte Blutfette, Gefäßverkalkung und Ähnliches.“

In der Leber wird Fruktose zu Fett

Die Ursachen sind vielfältig: Neben mangelnder Bewegung und übermäßiger Kalorienzufuhr kommt auch der Zusammensetzung der Ernährung besondere Bedeutung zu. Hier steht vor allem ein übermäßiger Konsum von Zuckern, wie sie in Süßgetränken enthalten sind, im Fokus, erklärt Denk: „Meine persönliche Einschätzung und Empfehlung für den Alltag wäre daher, dass es weniger auf die Art des Zuckers ankommt, mit dem ein Süßgetränk gesüßt wird, sondern, dass es viel wichtiger ist, den Durst mit ungesüßten Getränken wie Wasser oder Tee zu stillen, da diese nicht mit den beschriebenen Nebenwirkungen belastet sind. Dies entspricht auch der natürlichen Ernährung des Menschen.“ Aber das muss man auch gewöhnt sein – für viele Menschen sind aber gesüßte Getränke normal. Und Gedanken über die Art des enthaltenen beziehungsweise zugefügten Zuckers machen sich nur wenige.

Insofern ist es bedenklich, dass in vielen Lebensmitteln und Getränken Fruchtzucker enthalten ist, da viele Menschen glauben, er sei gesünder als Haushaltszucker – was eben erwiesenermaßen falsch ist. Ungesund ist Fruktose nämlich gleich in dreierlei Hinsicht. Erstens blockiert Fruktose das Sättigungsgefühl – man merkt nicht, wie viel man schon zu sich genommen hat. Zum Zweiten führt ein Zuviel an Fruktose zu vermehrter Fettbildung, (Triglyceridbildung), und dies führt wiederum zu einer Einlagerung in der Leber beziehungsweise zur Erhöhung der „Blutfette“.

Fruchtzucker: Billiger Geschmacksverstärker

Wieso aber ist Fruchtzucker so eine Gefahr, schließlich ist er doch auch in Obst und Gemüse enthalten? Die einfache Antwort: Die Menge macht das Gift. Denn in Früchten sind neben dem Fruchtzucker noch Ballaststoffe, lebenswichtige Vitamine und Mineralien enthalten, und diese rufen unter anderem ein Sättigungsgefühl hervor. Anders in Fruchtsäften oder mit Fruchtzucker gesüßten Getränken: Hier fehlen die Ballaststoffe, und der Fruchtzuckergehalt ist im Vergleich zu den unverarbeiteten Früchten deutlich höher. Zum Beispiel enthalten sogenannte Wellnessdrinks mit bis zu 40 Gramm pro Liter zum Teil sehr große Mengen an Fruktose. Genauso wie Glucose – also Traubenzucker – liefert Fruktose vier Kilokalorien pro Gramm. Der große Unterschied ist aber, dass Fruktose billiger ist – auch als Haushaltszucker – und geschmacksverstärkend wirkt, weshalb sie häufig eingesetzt wird – in Fertiggerichten sowie in gesüßten Getränken.

Traubenzucker kann unser Köper direkt zur Energiegewinnung nutzen. Der Traubenzucker gelangt mithilfe des Hormons Insulin schnell aus dem Blut in die Zellen, in die er aktiv, also unter Energieverbrauch, eingeschleust wird. Anders die Fruktose: Diese wird Insulin-Unabhängig im Darm aufgenommen und gelangt ohne Energieverbrauch durch die Darmschleimhaut ins Blut. Das transportiert sie in die Leber und dort wird ein Zuviel an Fruktose zu Fett umgebaut.

Viele Menschen leiden auch unter einer sogenannten „Fruktosemalabsorption“. Dann kann ab einem bestimmten Schwellenwert die Fruktose nicht mehr im Dünndarm aufgenommen werden, sie gelangt in den Dickdarm wo sie von den Bakterien „aufgefressen“ wird, was zu starken Blähungen, Bauchkrämpfen und Durchfall führen kann. Je mehr Fruktose der Mensch aufnimmt, desto mehr besteht das Risiko für Fettleibigkeit, Fettleber und Diabetes Typ 2. Hinzu kommt, dass eine erhöhte Zufuhr von Fruktose das Risiko für Bluthochdruck oder Gicht steigert.

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