Gewalt ist keine Privatsache
An den Zahlen gibt es nichts zu rütteln: Immer mehr Frauen im Landkreis suchen Hilfe, weil sie Opfer von Gewalt geworden sind. Seit 2019 suchten viermal mehr Frauen die Fachberatungsstelle für gewaltbetroffene Frauen, Kinder und Jugendliche auf.
Viermal so viele Frauen, die genötigt und verletzt werden oder psychische Gewalt erleben. Meist innerhalb der eigenen vier Wände. Ein Raum, in dem man sich geschützt und geborgen fühlen, wo man keine Angst haben sollte. Doch genau das passiert – und es werden immer mehr.
Auch bei der Polizei steigen die Zahlen häuslicher Gewalt. 2019 waren es 127, 2021 sogar schon 174. Für 2022 geht man von einer steigenden Tendenz aus. Diese Zahlen sind alarmierend genug, erfassen aber längst nicht alle Frauen, die Erfahrungen von Gewalt machen müssen. Denn wer sich Hilfe sucht, ist oft nur die Spitze des Eisbergs. Die Dunkelziffer ist hoch.
Warum bleibt so vieles im Verborgenen? Anstatt einen Ausweg aus der Gewalt zu suchen, ertragen viele Frauen die Situation aus Abhängigkeiten oder weil man den Kindern die Familie nicht nehmen will. Außerdem kostet es viel Überwindung und Kraft, sich jemanden anzuvertrauen. Das kann daran scheitern, weil der Täter keinen unbeobachteten Moment zulässt, weil Frauen keine Möglichkeit haben, die Beratungsstelle aufzusuchen, oder weil sie vom Angebot keine Kenntnis haben.
Die Vernetzung verschiedener Beratungsstellen, mit der Polizei und Behörden ist ein wichtiger Schritt, um Frauen den Weg aus der Gewalt zu ebnen. Doch auch die Gesellschaft ist gefordert: Hinschauen statt wegschauen. Frauen müssen sich sicher sein können, dass sie gehört werden.
Gewalt gegen Frauen betrifft alle Bereiche der Gesellschaft. Die Mitte wie auch den Rand. Gewalt gegen Frauen ist keine Privatsache, nur weil sie meist daheim im Privaten passiert. Gewalt gegen Frauen ist Alltag in Deutschland, passiert jeden Tag und kann jede Frau treffen. Diese Aggressionen passieren, weil Männer Gewalt als Teil ihrer Männlichkeit sehen. Es reicht nicht aus, Frauen nach ihren Gewalterfahrungen zu helfen. Männer müssen miteingebunden werden, weil auch sie Verantwortung tragen.